Bei den Fußball-Kulturtagen können Fans im Oktober zu Lesungen, Kinofilmen und sogar zu einem interaktiven Hörspiel. Hier gibt es unsere Top5 der Veranstaltungen.
Wie jedes Jahr finden auch 2019 im Herbst wieder die Fußball-Kulturtage in NRW statt. Die 15 sozialpädagogischen Fanprojekte an Rhein und Ruhr haben ein buntes Programm aus Lesungen, Vorträgen, Filmen oder diesmal sogar Live-Hörspielen zusammengestellt. Wir bringen euch unsere Top5 näher – hier geht es zum kompletten Plan.
Tagung – Fußball und Geschlecht
1./2.Oktober in Bochum
Der Startschuss fällt am 1. und 2. Oktober an der Ruhr-Uni in Bochum. Dort gehen Experten aus Wissenschaft und Fanarbeit den unterschiedlichsten Fragen unter der Überschrift „Fußball und Geschlecht“ nach. Greta Rinast beispielsweise hält im ersten Panel einen Vortrag zum Thema „Homophobie unter Fans“. Simon Volpers, unter anderem freier Autor für 11Freunde, widmet sich dem Thema „Fußball, Ultras, Männlichkeit“. Am folgenden Tag stehen auch Berichte aus der Praxis auf dem Programm, dabei beleuchtet Katja Morneweg die Möglichkeiten von Sozialer Arbeit, wenn jugendliche Fans in Kontakt mit Rechtsextremismus und Gewalt kommen.
Themenrundgänge
1938 – nur damit es jeder weiß (6. Oktober in Bochum)
Mehr als nur ein Weg zum Stadion (9. Oktober in Dortmund)
In Bochum haben junge Fans zusammen mit dem Fanprojekt eine Erinnerungsbroschüre über die Gräuel des Nazi-Regimes in Bochum herausgegeben. In mühevoller Recherchearbeit konnten sie dabei die Biografien von ehemaligen jüdischen Spielern aus Bochum und ihre Schicksale nachzeichnen. „Unser Ziel war und ist es, anderen Fußballfans ein niederschwelliges Angebot zu machen, sich mit dem dunkelsten Kapitel unserer Vergangenheit zu beschäftigen. In Zeiten, in denen rechtspopulistische Parolen anscheinend wieder salonfähig werden, erscheint uns unsere Arbeit und damit eine Sensibilisierung für das Thema umso wichtiger“, betont Alex Ranft, der in der Arbeitsgruppe mitgewirkt hat.
Am 6. Oktober findet dann in Bochum ein Themenrundgang zu den verschiedenen Stationen statt, um die es in der Broschüre geht. Drei Tage später startet im Fußballmuseum in Dortmund ein Themenrundgang zu den Erinnerungsorten der NS-Zeit. Am Abend spielt die deutsche Nationalmannschaft im Westfalenstadion gegen Argentinien. Gerade in Anbetracht der rassistischen Ausfälle beim Länderspiel in Wolfsburg kann wohl leider nicht oft genug an den Nazi-Terror in Deutschland erinnert werden.
Lesung
Heimat Fußball – mein Leben zwischen Bremen und Kabul (10. Oktober in Münster)
Mansur Faqiryar hält einen Rekord: Kein anderer Torwart der afghanischen Fußballnationalmannschaft blieb länger ohne Gegentor als er. In seinem Heimatland wurde er mit Staatsmedaillen geehrt, in Deutschland schaffte er mit dem VfB Oldenburg den Aufstieg in die Regionalliga. Doch vor allem außerhalb des Platzes hat Faqiryar Großes geleistet. Der Mann, dessen Familie vor dem afghanischen Bürgerkrieg floh, hilft Jugendlichen in Flüchtlingsunterkünften und inspiriert sie mit seiner Geschichte. Außerdem hat er in Afghanistan eine Fußballakademie ins Leben gerufen.
Das Münsteraner Fanprojekt veranstaltet regelmäßige Fußballtreffen für Geflüchtete, aber auch alle anderen Jugendliche in der hiesigen Soccerhalle. Da war es naheliegend, dass Faqiryar genau dort von seinem bewegten Leben berichtet.
Vortrag und Diskussion
„Das vergiftete Verhältnis zwischen Fußball und Polizei“ (11. Oktober in Leverkusen)
Schlagstockeinsatz, Pfefferspray, Datenweitergabe – aktive Fußballfans hadern allwöchentlich mit den überzogenen Maßnahmen der Polizei. Die Ordnungshüter hingegen beschuldigen die Fans, Grenzen zu übertreten. In Pressemitteilungen und der ZIS-Statistik ist immer wieder von einer Zunahme der Gewalt die Rede. Was ist Populismus? Was ist berechtigte Kritik? Und vor allem: Lässt sich das vergiftete Verhältnis überhaupt noch reparieren?
„Wie Hund und Katz“ heißt ein Vortrag von Christof Ruf, den er im Stadioneck von Leverkusen hält. Der Journalist beschäftigt sich seit Jahren mit Fanthemen und hat bereits diverse Bücher dazu veröffentlicht. Ob der (tatsächlich immer noch im Dienst befindliche) Polizeigewerkschaftler Rainer Wendt zur Diskussionsrunde erscheint, ist offen. Aber der soll ja auch ganz andere Probleme gerade haben.
Live-Hörspiel
Wuppertaler SV – Bayern München (12. Oktober in Wuppertal)
Der Wuppertaler SV durchlebt derzeit nicht die blumigste Zeit seiner Geschichte. Aber Not macht bekanntlich erfinderisch, und auch ein bisschen nostalgisch. Der Regisseur Michael Uhl hat sich dem legendären 1:1 des Klubs gegen Bayern München aus dem Jahr 1972 gewidmet und für ein Hörspiel die alten Recken um Toptorjäger Günter Pröpper oder auf Münchner Seite Franz Krauthausen gesprochen.
Doch das Projekt ist kein gewöhnliches Hörspiel, sondern ein Live-Hörspiel. 60 bis 80 Zuschauer sollen nach Regieanweisungen über Kopfhörer die historischen Stellen auf dem heiligen Rasen ablaufen können. Schon ist 1972 im Jahr 2019 – und Wuppertal zurück im großen Fußball.