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Seite 2: Im Schwindel der Beschleunigung

Dieser soge­nannte Trainer-Effekt“ zahlte sich bei Nouri nicht in Punkten aus. Er verlor die drei Spiele zu Beginn alle mit 1:2. Das war bei den ersten beiden Geg­nern fast zu erwarten: Der 1. FC Köln war Tabel­len­erster, der 1. FC Union Tabel­len­zweiter.

Nouri ent­schied sich gegen die Her­an­ge­hens­weise manch anderer Trainer, solche Spiele vom Inte­rims­trainer leiten zu lassen, um nicht mit einem Nega­tiv­erlebnis zu starten. Meine Über­zeu­gung war: Wenn ich das annehme, dann springe ich sofort rein und will Mut vor­leben“, sagt er.

Erst­klas­sige Geschwin­dig­keit in zweiter Liga 

Ein Trainer steht nach einem Wechsel schon beim ersten Spiel unter Erfolgs­druck. Es werden sofort Resul­tate erwartet, obwohl die längst nicht immer rea­lis­tisch sind“, sagt Niedz­kowski. Beson­ders in der Zweiten Liga muss es schnell gehen.

Wäh­rend in der Bun­des­liga aktuell neun von 18 Trai­nern schon länger als andert­halb Jahre im Amt sind, sind es eine Liga dar­unter nur noch drei. Ob dieser Klas­sen­un­ter­schied an der Qua­lität der jewei­ligen Ent­schei­dungs­träger oder einer liga­spe­zi­fi­schen Eigen­dy­namik liegt, ist unklar.

Die Geduld fehlt

Natür­lich wird das Geschäft immer schnell­le­biger“, sagt Alex­ander Nouri. Schnelle Trai­ner­ent­las­sungen hat es zwar immer gegeben, Robert Körner flog 1968 nach 18 Tagen bei Nürn­berg raus. Doch der all­ge­meine Trend gibt Nouri recht. Die aktu­elle Ver­weil­dauer eines Trai­ners in der Bun­des­liga liegt bei durch­schnitt­lich etwa 1,2 Jahren. 2000 waren es noch drei Jahre, wie der kicker“ berech­nete.

Vieles spricht dafür, dass die schnel­leren Zyklen Teil einer gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Ent­wick­lung sind. Nicht nur im Fuß­ball fehlt häufig die Geduld. Auch in anderen Berei­chen wirkt es, als würden Ent­schei­dungen, begüns­tigt durch den digi­talen Fort­schritt, immer schneller getroffen. Von einer Beschleu­ni­gung des sozialen Wan­dels“ spricht der Sozio­loge Hartmut Rosa. Es ist ein struk­tu­relles, gesell­schaft­li­ches Pro­blem“, sagt er in einem Zeit“-Interview, wir fühlen uns dadurch ständig gehetzt.“

Extreme Ergeb­nis­ori­en­tie­rung 

Nouri kennt es aus seinem Alltag: Wir mussten früher eine Woche warten, bis eine neue Folge von Colt Sea­vers rauskam. Heute ist zu jeder Zeit alles ver­fügbar. So soll das auch mit Erfolgen im Fuß­ball sein.“ Er sieht dadurch eine stär­kere Ent­wick­lung zur extremen Ergeb­nis­ori­en­tie­rung“ und ver­misst bei Ver­einen die Geduld und Über­zeu­gung, etwas reifen zu lassen“.

Gerne hätte er länger als die neun­ein­halb Wochen in Ingol­stadt gear­beitet. Aber der Verein glaubte nicht mehr an ihn. Nach den aus­blei­benden Erfolgs­er­leb­nissen sahen wir uns zum Han­deln gezwungen“, sagte Geschäfts­führer Harald Gärtner im November 2018. Jens Keller wurde neuer Trainer. Fünf Spiel­tage später ist Ingol­stadt noch immer Tabel­len­letzter.