Die Europa League ist langweilig= So ein Quatsch. Der Wettbewerb zeigt uns immer wieder, dass auch fern der spanischen und englischen Glitzerstadien Fußball gespielt wird. EIn bisschen Wissen aus Charkiw, Limassol, Enschede und Bukarest.
AEL Limassol – Borussia Mönchengladbach (Anstoß: 19 Uhr)
Der Star
Der Star ist der Trainer. Pambos Christodoulou stellte seine Mannschaft zu Beginn der Saison 2011/12 so perfekt ein, dass sie in den ersten fünf Saisonspielen ohne Punktverlust und Gegentor blieb. Am Ende der Saison feierte der Klub die erste Meisterschaft seit 1968. Seitdem wird Christodoulou von den Fans „Pambourinho“ genannt, eine Kombination aus seinem Namen und, ja natürlich, Jose Mourinho. Star der Mannschaft ist der Brasilianer Maykon, nicht zu verwechseln mit Maicon (Manchester City). Maykon kam vor der Saison ablösefrei von Uniao Leiria. Laut transfermarkt.de hat er mit 1,5 Millionen Euro den höchsten Marktwert im Kader. Sein voller Name ist Maykon Daniel Elias Araujo. Im ersten Ligaspiel schoss er ein Eigentor. Optisch macht er allerdings ordentlich was her: Er sieht aus wie eine Mischung aus Neymar und Travis Bickle.
Die Zahl
Zypern war für durchschnittliche deutsche Fußballer einst das Land, in dem Milch und Honig fließt. Etliche ehemalige Bundesligaprofis stiegen dort in den Neunzigern zu Fußballgöttern auf und wurden angebetet wie Buddha-Statuen in Südostasien (siehe Rainer Raufmann). In jenen Jahren träumten auch einige 11FREUNDE-Redakteure von der späten Profikarriere auf Zypern (oder alternativ in San Marino). Das Problem: Sie waren zuvor nicht mal durchschnittliche Kreisligakicker gewesen. Wie auch immer, bei AEL Limassol spielten einst DREI Deutsche: Jens Paeslack (zuvor u.a. TSV Pansdorf), Thomas Epp (Zuvor u.a. 1. FC Saarbrücken) und Uwe Bialon (zuvor u.a.Tennis Borussia Berlin). Auch wenn Sie es wissen, bitte verraten Sie nicht, was die Spieler heute machen. In unseren Vorstellungen liegen sie dort noch immer am Strand und lassen sich Cocktails von 9 bis 17 Uhr Cocktails, Zigarren und Schrimpsalate servieren.
Angeberwissen
Eine großartige Besserwisserdiskussion entspinnt sich seit einigen Jahren um die richtige Bezeichnung der Bewohner Zyperns. Heißt es Zyprer und zyprisch? Oder Zypriot und zypriotisch? Die „Zypern Times“ veröffentlichte vor über einem Jahr einen Artikel, in dem sie erklärte, dass Zyprioten früher die griechischsprachigen Insulaner und Zyprer die türkische Bevölkerung Zyperns genannt wurden. Heute sind die Bezeichnungen Zypriot/in bzw. zypriotisch veraltet. Ganz einfach also: „Zyprer/in ist die deutschsprachige Bezeichnung für die Bewohner der Insel Zypern. Das Adjektiv dazu ist zyprisch.“ Für alle, die sich das nicht merken können, hier ein Beispielsatz, mit dem Sie das Problem von vornherein umgehen: „Ein schöner Pass von Marios Nikolaou, einer von fünf AEL-Spielern, die die Staatsangehörigkeit Zyperns besitzen.“
VfB Stuttgart – Steaua Bukarest (Anstoß: 19 Uhr)
Der Star
Cristian Tănase, 25, ist ein flinker Spieler, er kann sowohl auf den Außen als auch im Zentrum agieren. Auch im Jahr 2009 musste der rumänische Nationalspieler schnell sein, um vor den kriminellen Machenschaften seines Klubs zu fliehen. Damals war der Erstliga-Emporkömmling FC Arges Pitesti Zehnter geworden – allerdings nur, weil er finanziell bei den Schiedsrichtern nachgeholfen hatte. Pitesti wurde zum Zwangsabstieg verdonnert. Und Tanase, der auch beim 1. FC Köln im Gespräch war, wechselte zu Bukarest und zieht seitdem beim rumänischen Rekordmeister die Fäden.
Die Zahl
Steaua-Besitzer George Becali hatte genug von ausbleibenden Erfolgen, eingefahren von überteuerten ausländischen Durchschnittskickern. Also rief er für die Saison 2012/13 eine Kursänderung aus: Ab sofort sollen bei uns nur noch Rumänen spielen! ZWEIUNDZWANZIG Einheimische hat er in seinem Traumaufgebot schon zusammen. Die grenzübergreifende Resterampe ist überschaubar. Doch es gibt sie noch, die Exilaner, die bisher vom Radikalschnitt verschont blieben, darunter der Deutsch-Pole Lukasz Szukala (früher 1860 München) und der Brasilianer Adi (früher Energie Cottbus).
Angeberwissen
In der vergangenen Saison landete Steaua auf dem dritten Platz. Mit gerade einmal sechs Niederlagen in 34 Spielen. Gar nicht so schlecht, mag man glauben. Doch in den Achtzigern wäre diese Bilanz so undenkbar gewesen wie ein Sieg von Eddie The Eagle bei der Vierschanzentournee. Damals war Steaua sogar im europäischen Fußball ein Big Player, gewann 1986 den Europapokal der Landesmeister und stand 1989 erneut im Endspiel. Und national? Dort blieb Bukarest sage und schreibe 106 Spiele in Serie ungeschlagen – ein europäischer Rekord, der noch heute besteht.
Bayer Leverkusen – Metalist Charkiw (Anstoß: 21:05 Uhr)
Der Star
Jose Ernesto Sosa ist ein alter Bekannter. Er kam 2007 von Estudiantes de La Plata zum FC Bayern. Über die Ablöse wurde damals Stillschweigen vereinbart. Auf Nachfrage, ob Sosa denn der neue Julio dos Santos sein würde, antwortete Uli Hoeneß allerdings: „Nein, wer zehn Millionen für einen Argentinier ausgibt, der weiß, was er tut.“ Beim FC Bayern kam er dennoch nie wirkliuch zurecht. Nach einem Jahr beim SSC Neapel spielt er seit 2011 bei Metalist Charkiw. Dort blüht der argentinischen Mittelfeldspieler auf (35 Spiele, sieben Tore). Das liegt vermutlich weniger an der Landschaft im Charkiwer Umland liegen, als daran, dass neben ihm elf weitere Südamerikaner bei Metalist spielen (fünf Argentinier und sechs Brasilianer).
Die Zahl
SECHS Mal hintereinander ist Metalist Charkiw Dritter in der ukrainischen Premjer Liha geworden (von 2007 bis 2012). Das kann man erst einmal beachtlich finden. Das kann man aber auch sehr sterbenslangweilig finden. Denn Erster bzw. Zweiter wurden in all den Jahren stets Schachtar Donezk (mehr Geld als Metalist) und Dynamo Kiew (mehr Einfluss als Metalist). Die Saison 2012/13 scheint allerdings anders zu laufen. Metalist belegt nach neun Spieltagen nur Platz 4.
Angeberwissen
Der Oligarch von Metalist Charkiw heißt Alexander Jaroslawski. Über ihn gibt es einen ziemlich großartigen Dokumentarfilm, der „Król Charkowa“ („Der König von Charkiw“) heißt. Dort sieht man Alexander Jaroslawski in Badehose durch einen Garten spazieren, der in etwa die Größe von Castrop-Rauxel hat. 500 Millionen hat der Superreiche vor der EM 2012 in Stadion, Hotels und Flughafen investiert. Ob Dollar oder Euro war nie so ganz klar. Ein Journalist fragte ihn mal, woher er sein Geld habe. Jaroslawski antwortete daraufhin: „Ich war ein bisschen schneller als andere.“
Twente Enschede – Hannover 96 (Anstoß: 21:05 Uhr)
Der Star
Mirco Born. Okay, ist er noch nicht. Aber vielleicht bald. Der 18-Jährige, geboren in Haren an der Ems, U17-WM-Teilnehmer mit dem DFB-Team 2011, gehört seit dieser Saison zum Profikader. Er war bereits in der niederländischen Eredivisie und in der Europa League Qualifikation im Einsatz. Auf Deutsch kann sich Born mit Tim Hölscher unterhalten. Auch der 17-Jährige aus Gronau gehört zum erweiterten Kader. Oder mit Trainer Steve McClaren. Der hat ja in seiner Zeit beim VfL Wolfsburg fleißig gebüffelt.
Die Zahl
Der Mann mit der Rekordablöse spielt nicht mehr in Enschede. Schön ist seine Geschichte dennoch. Marc Janko machte für RB Salzburg in der Saison 2008/09 in 34 Spielen 39 Buden und empfahl sich somit für ein Auslandsengagement. Enschede griff zu und zahlte SIEBEN Millionen Euro – so viel wie nie zuvor oder danach. Janko überzeugte und Enschede verkaufte ihn gewinnbringend an den FC Porto weiter. Mittlerweile spielt der Österreicher bei Trabzonspor und trägt die Nummer 83. Auch ‘ne schöne Zahl.
Angeberwissen
Der FC Twente lässt mit Vergnügen ehemalige Bundesliga-Kicker in seinem Auffangbecken planschen. Edson Braafheid verschlug es erst kürzlich wieder in sein Heimatland – nach drei äußerst unglücklichen Jahren beim FC Bayern und in Hoffenheim. Rasmus Bengtsson stieg mit Hertha BSC 2010 ab, Dmitri Bulykin traf zunächst in der ersten (Leverkusen) und dann in der zweiten Liga (Düsseldorf) kaum ins Schwarze und Keeper Daniel Fernandes wurde in der Saison 2009 beim VfL Bochum auf die Bank verbannt. Ob Hannover heute Abend als Projektionsfläche für Rachegelüste der Ausrangierten herhalten muss, bleibt abzuwarten.