Nach holprigem Saisonstart kommt Eintracht Frankfurt immer besser in Fahrt, mit dem historischen 7:1‑Sieg als vorläufigem Höhepunkt. Hier kommen fünf Gründe, warum es bei der Eintracht derzeit so gut läuft.
Die Saison von Eintracht Frankfurt war beendet, ehe sie so richtig angefangen hatte: Zunächst eine 0:5‑Schlappe gegen die Bayern im Supercup. Dann das peinliche Pokalaus. Und dann auch noch der Bundesliga-Start! Vier Punkte aus fünf Spielen waren wahrlich nicht das, was man sich vom Pokalsieger erträumt hatte. Eintracht-Coach Adi Hütter avancierte zum heißesten Kandidaten auf die erste Trainerentlassung der Saison.
Doch Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft. Keine vier Wochen später befindet sich Hütter fester im Sattel als je zuvor. Der Eintracht gelangen zuletzt vier Pflichtspiel-Siege in Folge, dabei erzielten sie 17 Treffer. Am Freitagabend walzten sie Aufsteiger Fortuna Düsseldorf mit 7:1 nieder. Woher kommt die plötzliche Leistungsexplosion? Fünf Erklärungsansätze.
1. Hütter geht Kompromisse ein
Pfeilschneller Umschaltfußball: Mit diesem Spielstil machte sich Hütter in Österreich (RB Salzburg) und der Schweiz (Young Boys Bern) einen Namen. Auch in Frankfurt wollte er ein aggressives Pressing mit einem direktem Vertikalspiel paaren. Er griff dazu auf sein favorisiertes 4 – 4‑2-System zurück.
Er musste jedoch lernen, dass er Veränderung nicht mit der Brechstange erzwingen kann. Zu Saisonbeginn hatte die Mannschaft große Schwierigkeiten mit Hütters radikalem Umbruch. Der Österreicher ging über zu einer Politik der kleinen Schritte. Die Eintracht spielte zuletzt kontrollierter: Zwischenzeitlich wagen sie es auch einmal, das Tempo aus dem Spiel zu nehmen und sich zurückziehen. So waren es die Eintracht-Spieler von Vorgänger Niko Kovac gewohnt. Hütter ist zur richtigen Zeit die richtigen Kompromisse eingegangen.
2. Fünferkette passt zum Kader
Zu diesem Kompromiss gehört, dass Hütter auf sein 4 – 4‑2-System verzichtet. Zuletzt setzten seine Frankfurter auf ein 5 – 3‑2-System; eine Variante, die Kovac eingeführt hatte. Dies passt besser zum Frankfurter Spielermaterial: Danny da Costa und Filip Kostic sind die passenden Außenverteidiger für diese Variante. Die Mittelfeldspieler haben hier wiederum viele Freiheiten. Zudem haben die Frankfurter die Mechanismen des alten Systems bereits verinnerlicht, verteidigen also einen Tick kompakter als zu Saisonbeginn.
3. Hasebe in seiner Paraderolle
Die Dreierkette hat einen weiteren Vorteil: Makoto Hasebe kann in dieser Variante in seine Paraderolle schlüpfen. Zu Saisonbeginn fremdelte er mit seiner Rolle als Teil einer Doppelsechs. In der Dreierkette übernimmt er wie unter Kovac den zentralen Part der Abwehr, spielt also eine Reihe tiefer.
Aus der Tiefe heraus kann Hasebe das Spiel der Frankfurter strukturieren. Gegen Düsseldorf avancierte er zum verkappten Spielmacher; ohne gegnerischen Druck spielte er 71 Pässe, von denen beeindruckte 69 einen Mitspieler fanden. Auch gegen den Ball liegt Hasebe die Rolle in der Abwehr besser. Hier wird er durch seine beiden Innenverteidiger-Kollegen abgesichert und kann viele Situationen mit seinem Auge lösen. Eintrachts Aufschwung hängt auch eng mit Hasebes Aufschwung zusammen.
4. Besseres Konterspiel
Ist Frankfurts Erfolg also allein dadurch zu erklären, dass Hütter zu den Tugenden seines Vorgängers zurückgekehrt ist? Mitnichten. Der Eintracht gelingt es immer besser, das von Hütter geforderte Vertikalspiel umzusetzen.
Die Außenstürmer und die Achter schießen nach Ballgewinnen wuchtig nach vorne. Gerade über die Flügel konnte Frankfurt zuletzt Gefahr entfachen im Umschaltmoment. Kostic blüht aktuell auf in seiner Rolle als offensiver Linksverteidiger einer Fünferkette. Nach und nach gelingt es Frankfurt, den schnellen Spielstil umzusetzen. Dass Fortuna beim 1:7 die Rückwärtsbewegung zwischenzeitlich vollkommen einstellte, kam den Frankfurtern bei ihrem historischen Sieg zugute.
5. Glänzend aufgelegte Stürmer
Im Sturm hat Hütter die Qual der Wahl. Mit dem angeschlagenen Ante Rebic, Branimir Hrgota, Sebastien Haller und Luka Jovic verfügt die Eintracht über vier starke Alternativen für nur zwei Positionen. Sie alle bringen unterschiedliche Stärken mit.
Bewährt hat sich das Sturmduo Haller und Jovic. Haller kann seine körperliche Robustheit einbringen, während Jovic seinen Zug zum Tor und seine Dynamik unter Beweis stellt. Je vertikaler und schneller das Spiel der Eintracht wird, umso wohler fühlt sich auch Jovic. Sein Fünferpack gegen die Fortuna war die Krönung dieser Formsteigerung; er veredelte mit seinen Sprints in die Tiefe und seinen guten Laufwegen im Strafraum das Frankfurter Konterspiel.
Nach dem Spiel gegen Düsseldorf entschied Eintracht Frankfurt, das Trikot von Jovic im eigenen Museum aufzustellen. Eine wahrhaft historische Leistung. Das hätten wohl die wenigsten Eintracht-Fans vor vier Wochen zu träumen gewagt.