Ein Kopf der S04-Fanszene hat eine Kampagne für das ramponierte Image Gelsenkirchens und für mehr Lebensqualität in der Stadt gestartet. Die Resonanz? Riesig.
Natürlich könne man auch gebetsmühlenartig predigen, dass es in Gelsenkirchen Deutschlands wahrscheinlich spektakulärsten Zoo, die „Zoom Erlebniswelt“, gibt, sagt Kruschinski. Oder das wunderschöne Schloss Berge mit seinen herrschaftlichen Parkanlagen. Den FC Schalke 04 natürlich. Oder die Veltins-Arena, in der sämtliche Superstars von Cristiano Ronaldo bis Guns n’ Roses, von Coldplay bis Klitschko auftraten. Man könne auch erzählen, dass GE Schauplatz der erfolgreichen Kulturveranstaltung „Extraschicht“ ist. Oder dass einer wie Ed Sheeran an einem einzigen Wochenende gleich zweimal in Gelsenkirchen singt. „Aber das ist alles nichts gegen Platz 401 in einem Ranking von 401 Städten und Kreisen im Bundesgebiet“, jubelt Kruschinski. „Damit hat unsere Stadt ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Mit diesem Pfund musst du wuchern.“
„Nur jammern hilft nicht“
Doch Kruschinskis Kampagne, die u.a. vom Gelsenkirchener Rapper „Mütze“ und von Schalkes Stadionsprecher Dirk Oberschulte-Beckmann unterstützt wird, will mehr sein als bloßes Marketing: Sie will die Menschen in GE animieren, Hand anzulegen und ihre Stadt (noch) schöner zu machen. Kruschinski und seine Mitstreiter aus der königsblauen Fanszene gehen seit Jahren mit gutem Beispiel voran. Sie hübschten die als „Schalker Meile“ bekannte Kurt-Schumacher-Straße auf, indem sie verrußte Brückenpfeiler blau-weiß anstrichen und Ehrentafeln mit den Porträts vergangener Schalker Helden an den Hauswänden montierten. Außerdem veranstalten sie jährlich ein großes Adventssingen in der alten Glückauf-Kampfbahn. Der Erlös geht an caritative Zwecke.
Tourismus-Marketing, Bau-Sanierung, Sozialarbeit. Kruschinski weiß, dass er und seine Mitstreiter Aufgaben erledigen, die eigentlich der (finanz- und personalschwachen) Stadtverwaltung zufielen. Sein Motto – frei nach Kennedy: Frag nicht, was deine Stadt für dich tun kann, sondern frag dich, was du für deine Stadt tun kannst. „Immer nur jammern hilft eh nicht“, appelliert der Lokalpatriot. „Ich muss auch mal selbst an die Schippe. Ob ich das tue, indem ich eine angegraute Fassade anpinsele oder mit ein paar Kumpels und einem Bollerwagen losziehe, um Müll aus dem Gebüsch aufzusammeln, ist letztlich egal. Hauptsache, ich tue was und ziehe andere dadurch mit.“
Warten auf die Queen Mary 2
Um es noch deutlicher zu formulieren, hat Olivier Kruschinski auf seiner Facebook-Seite diese Message postuliert: „Auf Veränderungen zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, is’ wie anne Köttelbecke zu stehen und auf die Queen Mary 2 zu warten.“ Köttelbecke? Das ist Ruhrpottdeutsch für kleine, kanalisierte Flussabschnitte, die vorrangig Abwässer transportieren. In Gelsenkirchen gibt es sie noch zuhauf, auch wenn sie schrittweise renaturiert werden sollen.
Die bisherige Resonanz auf die Kampagne sei übrigens umwerfend, sagt der Initiator noch, bevor er zu einem PR-Termin in Sachen #401GE hechtet: „Immer mehr Leute unterstützen unser Projekt – sowohl in Form von positivem Zuspruch als auch in Form von tatkräftiger Hilfe.“ Ein tabellarisches Ziel mit Blick auf die nächste ZDF-Studie hat Kruschinski auch schon ins Auge gefasst: „Platz 400 sollte es mindestens werden.“