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Auf dem weit­läu­figen Trai­nings­ge­lände in Dort­mund-Bra­ckel herrscht um 17:30 Uhr am Mitt­woch schon großer Andrang. Vor dem Trai­ning, das um halb sieben statt­finden soll, haben wir einen Inter­view­termin mit Roman Wei­den­feller. Nachdem das Bezahl­fern­sehen einen Clip mit dem scheinbar ewig grin­senden Kevin Groß­kreutz abge­dreht hat, muss der Keeper schon wieder demen­tieren. Nein“, sagt er bestimmt auf die Frage, ob die Mel­dung stimme, ein Belas­tungs­test am Nach­mittag habe ergeben, dass er am Freitag gegen den 1. FC Köln auf­laufen kann. Ich werde jetzt gleich zum ersten Mal seit über einer Woche raus auf den Platz gehen und schauen, wie mein Knie reagiert. Dann wird ent­schieden, ob es mög­lich ist, am Freitag zu spielen oder nicht.“

Roman Wei­den­feller, Sie sollen ver­gan­gene Woche zur Bild“-Zeitung gesagt haben, es habe in Ihrem Knie ziem­lich ger­ummst“. Und weiter: Das Knie ist zum Abend hin auch richtig ange­schwollen.“ Auf Ihrer Home­page demen­tierten Sie, mit einem Jour­na­listen über Ihre Ver­let­zung gespro­chen zu haben. Hatte da jemand beson­ders gute Ohren?

Roman Wei­den­feller: Ich wurde in den letzten Wochen das ein oder andere Mal mit Aus­sagen zitiert, die ich so gar nicht gemacht hatte. Da geht es nicht nur um eine Zei­tung, das war all­ge­mein so. Ich hoffe dem­nächst wieder auf sach­liche Bericht­erstat­tung. Im Moment ist doch alles ent­spannt hier, warum sollten wir uns da stressen.

Warum kommen Aus­sagen, die Sie nie getä­tigt haben, in Umlauf?

Roman Wei­den­feller: Das weiß ich nicht. Es ist ja ver­ständ­lich, dass im Moment sehr gerne und viel über Borussia und ein­zelne Spieler berichtet wird. Man muss aber auch akzep­tieren, wenn Spieler mal nichts sagen wollen. Zum Bei­spiel dann, wenn eine Dia­gnose noch nicht steht. Ich bin kein Arzt und kann nicht in mein Knie schauen. Den­noch: Ich freue mich über jede Inter­view­an­frage, aber man soll bitte so fair sein, nur das zu schreiben, was ich gesagt habe. 

Wie hat sich der Umgang mit den Medien in den letzten fünf, sechs Jahren ver­än­dert?

Roman Wei­den­feller: Spieler und Verein stehen natür­lich noch mehr im Fokus, vor allem jetzt im Titel­rennen. Neu­er­dings scheint es manchmal aber reiz­voller zu sein, über einen Spieler und dessen Pri­vat­leben zu schreiben, als dar­über, ob ein Spiel gewonnen oder ver­loren wurde, man gut oder schlecht gehalten hat. 

Dann lassen Sie uns über Fuß­ball spre­chen. Am Freitag spielt der BVB gegen den 1. FC Köln. Das Hin­spiel in Köln gewann Dort­mund durch ein Tor von Nuri Sahin in der Nach­spiel­zeit mit 2:1. Erin­nern Sie sich noch an die Dra­ma­turgie?

Roman Wei­den­feller: Sehr gut sogar, man erin­nert sich gerne an solche emo­tio­nale Par­tien. Wir haben ein klasse Spiel gezeigt und sind zu Recht in Füh­rung gegangen. Wir als Mann­schaft hatten nach dem 1:1 der Kölner das Gefühl, dass wir das Spiel auch in den letzten Minuten noch für uns ent­scheiden können. Wir haben mit relativ großem Risiko auf Sieg gespielt, das kann auch schon mal daneben gehen. Hier aber kam ein Quänt­chen Glück dazu, Nuris Schuss wurde von einem Gegen­spieler abge­fälscht. Ansonsten wäre er wohl am Tor vorbei geflogen. Am Schluss wurde es hek­tisch und ich kann mich auch noch an ein, zwei Nick­lig­keiten des ein oder anderen Kol­legen auf der Gegen­seite erin­nern, aber das war nicht weiter tra­gisch.

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Sie meinen die viel dis­ku­tierten Gesten von Lukas Podolski gegen­über Nuri Sahin. Emo­tio­na­li­siert so etwas einen Mit­spieler zusätz­lich?

Roman Wei­den­feller: Wir sind ein Team und haben da schon genau hin­ge­schaut. Nach so langer Zeit aber nach­zu­karten, das wollen wir nicht, wir sind ja nicht im Kin­der­garten. Emo­tionen gehören im Fuß­ball dazu, wir alle stehen unter Voll­strom wäh­rend des Spiels. Das wollen die Zuschauer doch auch sehen. 

Am ver­gan­genen Wochen­ende wurde der Für­ther Coach Mike Büs­kens auf die Tri­büne geschickt, weil er nach einem Tor auf den Platz lief und dort mit seiner Mann­schaft jubelte. Auf der anderen Seite sagt die DFL, die Emo­tionen seien das höchste Gut der Bun­des­liga. Passt das zusammen?

Roman Wei­den­feller: Ich habe die Szene nicht gesehen, aber ich bin immer dafür, Fin­ger­spit­zen­ge­fühl zu zeigen. Natür­lich muss der Trainer nicht bei jedem Tor auf den Zaun klet­tern, aber alle im Sta­dion leben doch mit Emo­tionen. Sonst gäbe es nie­mals diese Stim­mung – und ich glaube nach wie vor, dass wir in Deutsch­land die beste Stim­mung haben. 

Der BVB steht schon wieder auf Platz eins der Rück­run­den­ta­belle, nachdem nach drei Unent­schieden in vier Spielen schon eine Krise her­auf­be­schworen wurde. Wer kann Dort­mund noch auf­halten?

Roman Wei­den­feller: Ach ja, diese Krise, die man uns ein­zu­reden ver­sucht hat. Sehen Sie, auch bei den drei Unent­schieden wussten wir, dass wir gute Spiele gezeigt hatten. Aber wir hatten nicht das nötige Glück wie zum Bei­spiel in Köln. Die Spiel­weise und das Enga­ge­ment der Mann­schaft waren genauso wie in den anderen Spielen auch. 

Wie viel Geld müssen Sie in die Mann­schafts­kasse zahlen, wenn sie das M‑Wort“ in den Mund nehmen?

Roman Wei­den­feller: Gar keins, schon gar nicht nach dem letzten Wochen­ende. Aber wir sind immer gut damit gefahren, keine großen Ziele zu for­mu­lieren. Nicht vor der Saison und nicht nach der Halb­serie. Wir haben tat­säch­lich immer von Spiel zu Spiel gedacht und das hat sich bewährt. Mit der Situa­tion, die wir jetzt haben, konnten wir vor der Saison nicht rechnen. Nun aber sind wir im Titel­rennen zu 100 Pro­zent dabei.

Sie sind einer von nur vier Spie­lern im Kader über 30. Kommen Sie sich manchmal vor wie der Her­bergs­vater von Dort­mund-Bra­ckel?

Roman Wei­den­feller: Was die meisten gar nicht wissen: Ich will ja noch acht bis zehn Jahre spielen. Was sollen die Leute dann sagen? (lacht) Ent­schei­dend ist, dass wir eine sehr gute Struktur haben. Kehl ist über 30, Owo­moyela und Dede eben­falls. Die können die Mann­schaft auch unter der Woche führen. Dafür müssen sie gar nicht per­ma­nent spielen. Man kann den Erfolg nicht nur an den 19- und 20-Jäh­rigen fest machen. Wir sind ein Team.



Spielen Sie mit dieser Gene­ra­tion Anfang 20 auch Call of Duty“? Neven Subotic gilt in der Mann­schaft als der König dieses Ego-Shooter-Spiels.

Roman Wei­den­feller: Ich glaube, da wäre ich nach zwei Sekunden abge­schossen, was mir Gott sei Dank auf dem Platz nicht pas­siert (lacht).

Sie treffen sich mit der Ü30-Frak­tion zum Skat-Abend?

Roman Wei­den­feller: Früher hat man – ich weniger – im Bus sehr häufig Karten gezockt. Mitt­ler­weile ist es halt die Play­sta­tion oder die Wii. Ich selber habe auch eine Wii zu Hause, und ich habe auch schon ein biss­chen gespielt, aber ich gegen die jün­gere Gene­ra­tion sehe ich schlecht aus. Ich messe mich lieber auf dem Platz mit ihnen, da habe ich bes­sere Chancen zu gewinnen. 

Ein anderer Tor­wart, der sehr lange spielte, ist Jens Leh­mann. Sven Ulreich hat ihn nach seiner kurz­fris­tigen Degra­die­rung beim VfB ange­rufen und um Rat gefragt. Beim BVB waren Sie 2003 eben­falls Nach­folger von Leh­mann. Haben Sie ihn damals ange­rufen?

Roman Wei­den­feller: Nein. Aber ich habe einen sehr guten Draht zu Jens Leh­mann und ich bin sicher, dass Sven Ulreich alles richtig gemacht hat. Ich finde, das war eine kluge Aktion. Ich habe Jens als Spieler gekannt, als Vor­ge­setzten sozu­sagen und komme nach all den Jahren auch privat gut mit ihm aus. 

Nach jener Hin­runde 2003/04, in der Sie häufig in der Kritik standen, zog Mat­thias Sammer Ihnen in der Rück­runde Guil­laume Warmuz vor. Wie haben Sie damals reagiert?

Roman Wei­den­feller: Ich habe in der Saison davor fast die kom­plette Rück­serie gespielt und da einen ordent­li­chen Ein­druck hin­ter­lassen. In der Saison 2003/04 bin ich dann zur Nummer eins geworden, und es stimmt, nach einem halben Jahr musste ich dann erst einmal zuschauen. Das war natür­lich schwierig, weil man immer spielen möchte. Damals war es aber so: Viele Leis­tungs­träger wie Torsten Frings, Eva­nilson, Chris­toph Met­zelder und Tomas Rosicky waren ver­letzt. Ich sollte als junger Tor­hüter hinter einer Top-Mann­schaft auf­ge­baut werden, aber wir spielten wegen dieser Lang­zeit­aus­fälle sehr instabil. Ich habe es nicht gerne gesehen, her­aus­ge­nommen zu werden, aber ich konnte es nicht ändern. 

Am 9. Spieltag 2004/05 stellte Bert van Mar­wijk Sie gegen den HSV über­ra­schend auf. War das eine Zäsur in Ihrer Kar­riere?

Roman Wei­den­feller: Es gibt wenige Kar­rieren, die vom ersten Tag an nur steil bergauf gehen. Ich glaube daran, dass man auch mal durch ein Tal hin­durch muss, um das ganze Fuß­ball­ge­schäft besser ein­schätzen zu können. Das ist eine prä­gende Phase, genau wie bei Ver­let­zungen, nach denen man sich wieder ran­kämpfen muss. 

Gab es ein Duell um die Nummer eins mit Marc Ziegler, als Jürgen Klopp 2008 zum Verein kam?

Roman Wei­den­feller: Ich war vorher die Nummer eins und Jürgen Klopp hat an diesem Status nichts geän­dert. Trotzdem musste ich mich selbst beweisen, wie in all den anderen Jahren auch. Ich kann mitt­ler­weile auf eine kleine Ära zurück­bli­cken. Wei­den­feller und der BVB – das hört sich doch ganz gut an. 

Wenn alles normal läuft, werden Sie im Sommer den ersten großen Titel holen. Wie groß ist die Vor­freude auf das, was dann in Dort­mund abgeht?

Roman Wei­den­feller: Stellen Sie mir die Frage noch einmal, wenn wir rech­ne­risch durch sind. Bis dahin müssen wir noch das ein oder andere Spiel gewinnen. Schaffen wir das, wird es natür­lich etwas ganz Großes.