Die Bundesliga hat ein Problem: die Großklubs sind nicht mehr blöd. Zumindest einige.
Darf man die Frage überhaupt stellen, ob die Bundesliga nicht ein bisschen langweilig ist? Zu laut sollte man es wahrscheinlich nicht tun, wo doch derzeit ganz Europa den deutschen Fußball bestaunt. Mit den formidablen Bayern, den hinreißenden Dortmundern und der tollen Stimmung im Stadion. Zumal wir uns hierzulande im Herbst auch nicht mehr mit unserer total spannenden Liga trösten müssen, wenn die Großklubs aus England und Spanien durch die Champions League marschieren, während die deutschen Klubs straucheln. Denn Straucheln in der Champions League werden zumindest Dortmund und Bayern so schnell wohl nicht.
Die Mittelstandsmeisterschaft auf der einen…
Dafür ist das mit der Spannung so eine Sache. Die Frage nach dem Deutschen Meister war schon vor der Umstellung auf die Winterzeit halbentschieden. Der wird – und jeder Fünfjährige kann einem das erklären – auch in diesem Jahr entweder Borussia Dortmund oder Bayern München heißen. Die restlichen 16 tragen eine Art Mittelstandsmeisterschaft aus, deren Sieger mit Bayer Leverkusen irgendwie auch schon festzustehen scheint.
Zur mäßigen Unterhaltung des Publikums besiegen sich diese Mannschaften zwar munter gegenseitig, aber gegen Bayern und Dortmund tun sich inzwischen im Wochentakt schockierende Klassenunterschiede auf. Inzwischen loben Jürgen Klopp und Pep Guardiola ihre Gegner schon dafür, wenn sich ihre Mannschaften zumindest richtig anstrengen mussten. Schlagen können sie sich eigentlich nur selbst, machen es aber nicht, sieht man von Dortmunds 0:2 in Gladbach ab, einer der wundersamsten Niederlagen der Bundesligageschichte.
…der „Deutsche Clasico“ auf der anderen Seite
So macht BorussiaBayern die Sache nun schon im vierten Jahr unter sich aus, und am übernächsten Spieltag gibt es dann das hypergalaktische Superspitzenspiel zwischen beiden. Deutschland wird an diesem Samstagabend für anderthalb Stunden stillstehen und anschließend tagelang die Ereignisse aufgeregt ausdeuten. „Deutscher Clasico“ heißt der Kick inzwischen, abgeleitet vom Original zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona.
Der Unterschied zu Spanien ist allerdings, dass sich Real Madrid und der FC Barcelona ungeheure Wettbewerbsvorteile verschafft haben, weil sie ihre Fernsehrechte selbst verkaufen und der Konkurrenz kaum etwas abgeben. In Deutschland ist das anders, und Borussia Dortmund hat noch nicht einmal die zweitgrößte Payroll der Liga hinter den Bayern. In Gelsenkirchen und Wolfsburg wird weiter üppiger bezahlt. In der Ära Klopp – und diese Information ist idealer Stoff, um beim Wetten heute Abend in der Kneipe ein Bier zu gewinnen – hat Borussia Dortmund nur drei Millionen Euro mehr für Transfers ausgegeben als eingenommen. Drei! Zum Vergleich, bei Schalke 04 waren es im gleichen Zeitraum 21 Million Euro, beim Hamburger SV 31 Millionen und in Wolfsburg gar 110 Millionen. Vom FC Bayern und seinen schlanken 182 Millionen soll erst gar nicht die Rede sein. (Quelle: Transfermarkt.de)
Nun hat der BVB in den letzten Jahren so erschütternd viel richtig gemacht, dass man ihn nicht ernsthaft als Gradmesser für die Konkurrenz heranziehen kann. Das größte Problem der Bundesliga aber ist, dass die Großen (wozu auch die Zwischenweltmannschaft von Bayer Leverkusen zählt) generell nicht mehr blöd sind.
Was waren das noch für Zeiten, als die Bayern in Freiburg staunend einen auf die Mütze bekamen, weil der Gegner schon auf so abgefahrenen Kram wie die Viererkette setzte. Oder wie herrlich verschwendete Borussia Dortmund in seiner Ära todeswilliger Großmannssucht die Millionen für Spieler wie Victor Ikpeba oder Flavio Conceicao.
Kaum noch Fehler bei Transfers
Heute hingegen folgen die Transfers in München, Dortmund und Leverkusen nicht mehr angeberischen Schnellanalysen von Männern mit zu viel Selbstbewusstsein, sondern werden von einer Fülle von Experten bis in den letzten Winkel ausgeleuchtet. Die Folge: eine erschreckend sinkende Fehlerquote. Zudem sitzen bei Bayern und Borussia die avanciertesten Trainer auf der Bank, denen keine groben Fehler mehr passieren. Es ist zum Heulen.
Früher konnten Außenseiter wie Werder Bremen von der Tölpelhaftigkeit der Großen profitieren. Heute scheint das eine Erinnerung an längst vergangene Zeiten zu sein, während die Bundesliga jenseits der Spitze etwas leicht Resterampenhaftes bekommt. Aber vielleicht könnten die Klubs so nett sein und sich bitteschön nicht in dieser Meisterschaft der anderen einrichten. Also SchalkeHamburgStuttgartBremenWolfsburgGladbachHannover: Reißt Euch mal ein bisschen zusammen, und lasst uns nicht in der Langeweile versinken. Sonst sagen wir es nämlich denen im Ausland, die gerade die Bundesliga so toll finden.