Als die Hamburgerin Shabnam Ruhin für die afghanische Nationalmannschaft berufen wird, geht für sie ein Traum in Erfüllung. Doch dann wird sie Zeugin von sexuellem Missbrauch. Mit uns sprach sie über ihre Erlebnisse, ihren Rücktritt und die Ermittlungen der FIFA.
Shabnam Ruhin, wann haben Sie das erste Mal gegen einen Fußball getreten?
Die Kinder in meiner Gegend in Hamburg haben meist einfach auf der Straße gespielt. Ich stand oft neben den Plätzen und habe den Jungs beim Kicken zugeguckt, bis ich mit neun Jahren schließlich gefragt habe, ob ich mitspielen könnte. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass mich dieses Spiel sofort fasziniert hat.
Was hat Sie am Spiel fasziniert?
Im ersten Moment hat mich die Dynamik und die Energie des Fußballs begeistert.
Gab es Kritik daran, dass Sie als junges Mädchen auf den Straßen Fußball spielten?
Von den Jungs aus dem Bezirk habe ich manchmal den ein oder anderen dummen Spruch bekommen und sie ärgerten mich damit, dass ich als Mädchen auf dem Platz nichts zu suchen hätte. Auch aus der afghanischen Community bekam ich Sprüche wie: „Was willst du mit Fußball? Du bist ein Mädchen, lerne lieber zu kochen.“
Wie gingen Sie damit um?
Vor allem die Reaktionen aus der afghanischen Community verletzten mich und ließen mich an mir selbst zweifeln. Ich habe mich gefragt, ob ich als afghanisches Mädchen das Richtige tue. Den Jungs auf der Straße wollte ich einfach nur zeigen, dass ich auch als Mädchen mithalten konnte. Und so war es dann auch.
Wie verlief Ihre Karriere danach?
Ich habe in den ersten Jahren immer auf der Straße gespielt. Die Jungs hatten damit irgendwann kein Problem mehr und haben mich teilweise auch richtig weggehauen, was ich aber nicht weiter schlimm fand. Ich fand toll, dass es so zur Sache ging und sie mich akzeptierten. Mit der Zeit habe ich versucht andere Mädels zu motivieren, bis auch irgendwann meine kleine Schwester Mariam mitkam, mit der ich einige Jahre später im Verein spielte.
Mit 15 Jahren wechselten Sie in die Jugend von Oberligist Einigkeit Wilhelmsburg und spielten wenige Jahre später erfolgreich im Damenbereich. Wie kam der Kontakt zum afghanischen Verband 2012 zustande?
Da meine Eltern aus Afghanistan stammen, beherrschen meine Schwester und ich auch die Landessprache. Nach einem Spiel mit Einigkeit unterhielten wir uns auf Dari, als wir von einem Mann angesprochen wurden, der uns erzählte, dass er ein Scout der afghanischen Nationalmannschaft sei. Er sagte, wir sollten uns bei Interesse bei ihm melden und gab uns seine Visitenkarte. Auf der Vorderseite stand seine Telefonnummer, auf der Rückseite die eines Pizza-Lieferservices.