DFB-Präsident Fritz Keller über die Lage der Frauen-Bundesliga und den Einstieg prominenter Männerklubs in den Frauenfußball.
Eine ausführliche Reportage zu den Problemen und Perspektiven der Frauen-Bundesliga gibt es in 11FREUNDE #219. Das Heft ist ab sofort am Kiosk und hier bei uns im Shop erhältlich.
Fritz Keller, Sie gelten als Hoffnungsträger des Frauenfußballs.
Dann hoffe ich mal, dass ich damit nicht zu hohe Erwartungen wecke. Ich kann nur sagen, dass mir die Förderung des Frauenfußballs aus voller Überzeugung am Herzen liegt. Beim SC Freiburg, dessen Präsident ich war, haben wir das ganz selbstverständlich gelebt, und auch als DFB-Präsident sage ich: Eine Investition in den Frauen- und Mädchenfußball ist eine Investition in die Zukunft. Denn es gibt nur einen Fußball, der für jede und jeden zugänglich sein muss. Es gibt keinen Profifußball getrennt vom Amateurfußball, und es gibt keinen Frauenfußball getrennt vom Männerfußball.
Hat der deutsche Frauenfußball in den letzten Jahren nicht an Boden verloren?
Wir waren mit der Nationalmannschaft und der Bundesliga viele Jahre lang sehr erfolgreich. Andere Länder mussten aufholen, und wir haben uns vielleicht ein bisschen auf den Titeln ausgeruht. Die größten Fehler machst du immer im Erfolg, das ist menschlich, dann kommen die anderen aus dem Windschatten und ziehen an dir vorbei. Aber der Abstand zur Weltspitze ist nicht sehr groß, und ich bin mir sicher, dass wir wieder aufschließen werden. Unsere Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat ein junges Team mit viel Potenzial zusammengestellt und auch die Bundesliga wird sich stark weiterentwickeln.
Ein interessanter Standort ist im Moment England, wo eine sehr professionelle Liga entstanden ist. Was können sich die Deutschen von dort abschauen?
Das hängt vor allem mit dem Engagement der Premier-League-Klubs zusammen, und da finde ich: Wenn etablierte Männer-Bundesligisten den Frauenfußball weder fördern noch wertschätzen, verpassen sie eine große Chance. Die Zeit ist reif, dass die Vereine das Potenzial erkennen, das der Frauenfußball ihnen bietet, und das noch lange nicht ausgeschöpft ist. Wir müssen es ihnen immer wieder aufzeigen und anregen, sich zu engagieren. Einige Klubs haben die Befürchtung, dass das Geld, das sie in die Frauenmannschaften investieren, dann am Ende im Etat für die Lizenzmannschaft fehlt. Aber dieses Engagement wird sich langfristig auszahlen. Weil sie damit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen und den Fußball in seiner Gesamtheit fördern und sich gleichzeitig neue Vermarktungsmöglichkeiten bieten.
„Immer mehr englische Sponsoren sagen, wir unterstützen nur noch Klubs, die auch den Frauenfußball fördern.“
Glauben Sie denn, dass Appelle allein ausreichen?
Ich war im November beim Freundschaftsspiel der deutschen Frauen in England, vor fast 80.000 Zuschauern im Wembley-Stadion – und habe von dort neben dem tollen Erlebnis und dem Sieg auch eine interessante Erkenntnis mitgebracht: Dass immer mehr englische Sponsoren sagen, wir unterstützen nur noch diejenigen Klubs, die auch den Frauenfußball fördern. Ich könnte mir vorstellen, dass das früher oder später bei uns ähnlich aussieht.
Im Sommer fusioniert der Frauen-Bundesligist 1.FFC Frankfurt mit der Eintracht, die damit in den Frauenfußball einsteigt. Viele wünschen sich dasselbe von Klubs wie Borussia Dortmund und Schalke 04.
Diese Vereine könnten mit ihrer großen Strahlkraft sicherlich ein neues Interesse und eine größere Begeisterung für den Frauenfußball entfachen. Das ist hier nicht anders als in England.