Dies ist die Lang­fas­sung unseres Inter­views mit Marco Rose aus 11FREUNDE #217. Das Heft ist hier bei uns im Shop erhält­lich.

Marco Rose, nennen Sie spontan drei Eigen­schaften, die für einen guten Trainer essen­tiell sind.
Ich könnte jetzt aus­führ­lich über alle mög­li­chen Kom­pe­tenzen reden, glaube aber, ein Trainer fährt schon gut damit, wenn er ver­sucht, die Men­schen zu ver­stehen, mit denen er zu tun hat. Wenn er offen ist und Fehler zugeben kann. Kurz: Erkennt, dass es auch Leute gibt, die man­ches besser können als er selbst.

Werden des­halb die weniger kom­pletten Ex-Profis die besten Trainer: Klopp, Tuchel, Nagels­mann, Rose?
Haben Sie gesagt, dass ich ein unkom­pletter Profi war? (Lacht.)

Weil Sie es selbst öfter gesagt haben.
Schon klar. So um die Ecke denke ich aber nicht. Das Wich­tigste ist, dass ich als Trainer das Spiel ver­stehe und mit Men­schen umgehen kann. Wo ich mir dieses Know-How hole, ob ich es von Natur aus habe, an der Sport­schule gelernt oder aus fuß­ball­fernen Berufen, ist am Ende egal.

Als Sie kürz­lich gefragt wurden, was für ein Profi Sie gewesen seien, ant­wor­teten Sie: Füh­rungs­spieler, loyal und inte­grativ für neue Spieler, aber auch jäh­zornig und manchmal unkon­trol­lierbar.“ Sind das Eigen­schaften, die einen als Trainer wei­ter­bringen?
Ich denke, ja. Als Trainer muss ich die Pro­zesse in einem Team ver­stehen, dann ist es gut, wenn ich die schon als Spieler wahr­ge­nommen und durch­lebt habe.

Und der Jäh­zorn?
Grund­sätz­lich beschreibe ich mich in dem Zitat als sozialen Typen. Ich würde auch behaupten, dass ich das als Trainer geblieben bin – natür­lich mit Ecken und Kanten. Ich mache sicher nicht alles richtig, aber als Spieler konnte ich auch völlig neben der Spur sein, wenn etwas nicht nach meinem Willen ging.

Als Sie bei der 1:2‑Niederlage gegen den BVB die Rote Karte sahen, brach der Jäh­zorn kurz aus Ihnen raus. Keine unbe­dingt posi­tive Eigen­schaft.
Ich bin ganz sicher nicht stolz auf die Rote Karte und sicher ist Jäh­zorn nicht so toll. Ande­rer­seits kommt er gleich nach maximal ehr­geizig“. Natür­lich darf es nicht ständig in diesen Bereich umschlagen. Aber jäh­zor­nige Typen im Fuß­ball wollen eben immer gewinnen, da kommt es auch vor, dass man die Kon­trolle ver­liert.

Wie der Tilt beim Flipper, nichts geht mehr. Aber hilft Kon­troll­ver­lust im Fuß­ball weiter?
Nö, des­wegen habe ich ja auch Rot gesehen. Wohl auch zurecht, aber ich habe nie­manden übel belei­digt.

Was haben Sie denn gesagt?
Du Blinder.“ Dass das nicht okay war, ist klar, und es fühlte sich auch nicht gut an, Rot zu bekommen.

Die Eigen­schaft, im Eifer des Gefechts aus der Haut zu fahren, teilen Sie mit Ihrem lang­jäh­rigen Coach Jürgen Klopp.
Auch Jürgen ist manchmal drüber, aber er war stets in der Lage ein­zu­sehen, wenn er übers Ziel hin­aus­ge­schossen ist. Erin­nern Sie sich, wie erschro­cken er von sich war, als er sein ver­zerrtes Gesicht im TV sah, mit dem er den vierten Offi­zi­ellen anging? Für einen Trainer ist es sehr wichtig zu erkennen, wenn er falsch liegt, und es auch ein­zu­ge­stehen – ins­be­son­dere weil wir so in der Öffent­lich­keit stehen.

Wie war es, wenn der jäh­zor­nige Klopp in Mainz auf den jäh­zor­nigen Rose traf?
Das hat in einer Situa­tion dazu geführt, dass wir Nase an Nase auf dem Trai­nings­platz standen. Aber eine halbe Stunde später hatten wir beide die Sache auch wieder ver­gessen.