Vincenzo Grifo spielt beim SC Freiburg – zum dritten Mal. Warum Treue für ihn so ein große Rolle spielt, was die Pforzheimer Kanaken damit zu tun haben und weshalb er früher jeden Tag Videos von Hakan Çalhanoğlu geschaut hat, hat er uns im April erzählt.
Vincenzo Grifo, Sie glauben an Gott …
Ich bin nicht jeden Sonntag in der Kirche, aber ja, ich bete. Und bei mir zu Hause hängt ein Bild, wie ich dem Papst die Hand küsse.
Lukasevangelium 15, 11 – 32 …
Puh, bibelfest bin ich nicht.
Ein Sohn verlässt die Familie mit dem Erbe des Vaters, verprasst das Geld und kehrt irgendwann reumütig nach Hause zurück, wo ihn der Vater sofort in die Arme schließt. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn.
Ich erkenne Parallelen. Da bin ich der Sohn, der von Freiburg nach Gladbach gewechselt ist, dann nach Hoffenheim. Und Christian Streich ist der Vater, der mich hier in Freiburg wieder aufgenommen hat in der Winterpause. Nur mein Geld habe ich nicht verprasst.
Der SWR fragte neulich in einer Überschrift: Funktioniert Grifo nur in Freiburg?
Die Statistik sagt es, das gebe ich gern zu. Drei Tore, drei Vorlagen – alle seit ich wieder in Freiburg kicke. Aber hier darf ich halt auch 90 Minuten auf den Platz. In Hoffenheim und Gladbach habe ich diese Chance nicht bekommen. Aber noch mal zum verlorenen Sohn: Es war nicht schlecht, was ich in der Zwischenzeit erlebt habe. Ich habe Champions League gespielt, gegen Man City, konnte mich während der Zeit in Hoffenheim für die Nationalmannschaft empfehlen und habe mein erstes Länderspiel gemacht.
Und doch hat man den Eindruck, dass Sie unter Christian Streich aufblühen.
Er ist eine Vaterfigur. In Freiburg wird von dir schon als 20-Jährigem so viel verlangt. Du musst immer an deine Grenzen gehen. Wir laufen in jedem Spiel gefühlt zehn Kilometer mehr als der Gegner. Das verlangt der Trainer. Und dann kommt er aber auch mal um die Ecke und sagt: Vince, wie feiert ihr Italiener eigentlich Weihnachten? Er vergisst nicht, dass wir Spieler mit Herz sind.
Was haben Sie fußballerisch von ihm gelernt?
Defensivarbeit. Hier in Freiburg schauen wir Videos bis zum Abwinken. Details, wie wir stehen sollen, wenn der Gegner den Ball kriegt, werden minutenlang besprochen. Klar, ich bin Offensivspieler, aber in Freiburg habe ich etwas anderes zu schätzen gelernt: 90 Minuten rennen, kämpfen, verteidigen – und am Ende dreckig 2:1 gewinnen. Du liegst dann daheim, wie totgelaufen. Aber geil, gewonnen.