Franco Di Santo kokettiert mit einer Rückkehr zu Werder Bremen. Das sorgt für Häme allenthalben. Dabei hat er die nun wirklich nicht verdient. Über einen, dem man nicht böse sein kann.
Am 25 Juli 2015 schäumte die Bremer Fan-Seele. Ausgerechnet am „Tag der Fans“, der traditionellen Saisoneröffnung, gab der SV Werder bekannt, dass Franco Di Santo für eine Ausstiegsklausel in Höhe von 6 Millionen Euro zum FC Schalke 04 wechseln würde. Dabei hatte der Argentinier den Anhängern noch wenige Wochen zuvor Hoffnungen auf eine Vertragsverlängerung gemacht, als er gesagt hatte: „Wir sind nah beieinander.“ Doch die Aussicht auf Europapokalspiele mit den Schalkern sorgte dann offenbar für eine rasche Entfernung voneinander. Um Di Santo vor Anfeindungen zu schützen, verabschiedeten ihn die Werder-Verantwortlichen im Kabinengang.
Fast fünf Jahre später beteuert dieser Franco Di Santo, mittlerweile in Diensten von Atletico Mineiro in Brasilien, nun in einem Interview mit dem Weser-Kurier: „Ich habe immer gesagt, dass ich mit Bremen eine besondere Verbundenheit habe.“ Daher wäre es für ihn „eine Freude, zurück zu Werder zu kommen.“ Dass die Werder-Fans nicht ganz so begeistert von Di Santos Plänen sein könnten, ist dem Argentinier bewusst: „Natürlich waren die Menschen verletzt, als ich gegangen bin.“ Aber: „Dass sie verletzt waren, zeigt, dass ich eine wichtige Rolle gespielt habe. Das macht mich glücklich und stolz.“
Zudem erinnert der Argentinier daran, dass er dem Verein damals ein durchaus einträgliches Geschäft beschert habe: „Als ich 2013 nach Bremen gewechselt bin, war ich ablösefrei. Beim Verkauf zwei Jahre später an Schalke hat Werder 6 Millionen Euro an Ablöse verdient – daran sollten die Leute auch denken.“ Bei den Bremer Fans wird Di Santo mit diesen Aussagen wohl nicht mehr als ein müdes Lächeln hervorrufen, einige halten auch nicht mit Häme über den Ehemaligen hinter dem Berg, der nun mit 31 Jahren sportlich gescheitert scheint.
Den Leuten erst Hoffnungen machen, sie dann verärgern und anschließend mit kruden Begründungen zu Kreuze kriechen. Wenn man so will, ist das ein typischer Di Santo.
Denn auch auf Schalke fiel der Argentinier mit diesem Verhaltensmuster auf. Als potenzieller Nachfolger des alternden Klaas-Jan Huntelaar gekommen, konnte Di Santo weder unter André Breitenreiter noch unter Markus Weinzierl die hohen Erwartungen erfüllen. Erst mit Domenico Tedesco kam ein Trainer, der Di Santo trotz Spott der Fans („Wir saufen bis Di Santo trifft“) zu einem wichtigen Bestandteil der Mannschaft machte. In Schalkes Vizemeister-Saison 2017/18 stand der Argentinier in über 90 Prozent der Spiele in der Startelf.
Tedesco wurde nicht müde, Di Santos Wert für die Mannschaft zu betonen: „Er spult die meisten intensiven Läufe ab, ackert, presst.“ Als im Sommertrainingslager 2018 im österreichischen Mittersill ein Fan den Stürmer nach einem verschossenen Elfmeter im Training bepöbelte, stellte sich die Mannschaft geschlossen hinter Di Santo. Demonstrativ nahmen die Profis ihren Mitspieler in ihre Mitte und feierten ihn mit lautstarken „Franco Di Santo schalalalalala“-Gesängen.
Und Di Santo? Der stand nur wenige Wochen später als der große Undankbare da, als er sich nach seiner Auswechslung im Spiel gegen Bayern München mit Tedesco anlegte. Mit seinen Fingern zeigte er die Zahl Sieben, offenbar um seinem Trainer zu signalisieren, dass dieser doch lieber Mark Uth mit ebendieser Rückennummer hätte herunternehmen sollen. Tedesco reagierte entsprechend entgeistert: „Wir wissen, dass Franco hier keinen leichten Stand hat, aber wir sehen etwas in ihm und versuchen es immer wieder, reden ihn stark. Dann ist es natürlich enttäuschend. Ein bisschen gute Erziehung wäre da nicht verkehrt.“
Es dauerte nicht lange, bis Di Santo sich öffentlich für sein Fehlverhalten entschuldigte und gleichzeitig auch hier eine merkwürdige Begründung für sein Handeln lieferte. So habe er mit seinem Fingern lediglich andeuten wollen, dass bei seiner Auswechslung noch nicht einmal 70 Minuten gespielt worden seien. Klar. Und überhaupt hätten ihn sein „heißes Blut“ und sein „Wettbewebsgeist“ zu diesem Ausbruch verleitet. „Ich möchte immer spielen, ich möchte immer gewinnen. Ich bin Argentinier und gehe in jeden Zweikampf, als wäre es mein Leben.“
Das Verwunderliche ist: Man möchte ihm all das sogar glauben.