Beim vergangenen Derby zwischen Stuttgart und Karlsruhe wurden mehrere hundert KSC-Fans von der Polizei eingekesselt. Laut Fanhilfe wurde den Anhängern nun sogar das Stellen einer Anzeige verweigert – was einem rechtstaatlichen Skandal gleichkommen würde.
„Wer sich gegen polizeiliche Maßnahmen zur Wehr setzt, muss damit rechnen, dass die Beamten ihre Zwangsmittel einsetzen. Zum Glück werden Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit von Polizeieinsätzen nicht von Fußballfunktionären beurteilt“, propagierte einst Rainer Wendt über einschreitende Gesetzeshüter an Spieltagen. Damit hat der Ex-Polizeichef ausnahmsweise Recht, die zu beurteilende Verhältnismäßigkeit wird nämlich tatsächlich nicht von Funktionären, sondern der Staatsanwaltschaft kontrolliert – allerdings nur, wenn die Beschwerde von der Polizei überhaupt entgegen genommen wird.
Einige KSC-Anhänger berichten seit Anfang der Woche, dass ihnen genau diese Möglichkeit verwehrt wurde. Nach den Vorfällen beim Derby zwischen Stuttgart und Karlsruhe am vergangenen Wochenende wollten sie die Vorgehensweise der Beamten melden und Anzeige wegen unverhältnismäßiger Polizeigewalt stellen. Die Dienststellen sollen sich jedoch geweigert haben, die Anzeigen aufzunehmen – mit der Begründung von „zu geringer Relevanz“.
Kollektiver Generalverdacht
Der Konflikt zwischen Fans und Polizei begann schon vor dem Spiel am Sonntag: Knapp 1.500 Anhänger des KSC machten sich in 13 Bussen auf den Weg nach Stuttgart, der Konvoi durfte jedoch nicht – wie zuvor abgesprochen – bis zum Gästeblock des Stuttgarter Stadions fahren, sondern wurde ins zwei Kilometer entfernte Untertürkheim umgeleitet. Dort wartete bereits ein Einsatzkommando der Polizei auf die Auswärtsfans. Einige Busse wurden durchsucht, mehrere Karlsruher kontrolliert. Beim anschließenden Fanmarsch zum Stadion teilten die Beamten die Gruppe, knapp 600 Anhänger wurden in eine Sackgasse neben der Arena geleitet – und dort fünf Stunden von einer Hundertschaft festgesetzt.
„Das war eine gezielte Provokation mit schlimmen Folgen “, kritisiert Marco Fuchs, Vorsitzender der „Supporters Karlsruhe“, das Vorgehen. „Ein paar unbekannte Ultras haben beim Fanmarsch zwei Böller geworfen, das verurteilen wir scharf. Dass wir aber willkürlich Gegenstände zur Attackierung von Beamten benutzt hätten, wie von der Polizei vorgeworfen, ist schlicht falsch.“ Laut dem Leiter des Dachverbands für Karlsruhe-Fans handele es sich vielmehr um Polizeiwillkür: „Statt einer Identifizierung des Täters hat die Polizei Jugendliche und Familienväter kollektiv unter Generalverdacht gestellt. Friedliche Fans wurden mit einer Polizeikette und Wasserwerfern eingekesselt. Es gab in den fünf Stunden keine Gelegenheit, zur Toilette zu gehen oder etwas zu trinken“, so der 39-Jährige. „Das ist unrechtsmäßig. Eine Frau hat sich sogar in die Hose gemacht. Außerdem wurde die Menge im Kessel immer wieder gegeneinander gedrückt. Nicht auszudenken, was bei einer aufkommenden Panik passiert wäre.“