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Hin­weis: Dieser Text erschien erst­mals im Mai 2018 in 11FREUNDE #198. Das Heft ist hier bei uns im Shop erhält­lich. 

Toten­still ist es in der Kabine des FC Schalke 04, tief in den Kata­komben des West­fa­len­sta­dions. Mit großen Erwar­tungen sind die Gel­sen­kir­chener an diesem 25. November 2017 zum Derby gefahren und wurden dann von einer ent­fes­selt auf­spie­lenden Dort­munder Mann­schaft über­rollt. Schon nach 25 Minuten stand es 4:0 für den BVB, und die Schalker hätten sich über wei­tere Tore nicht beklagen dürfen.

Zwei Mög­lich­keiten

Nichts ist so gelaufen, wie Schalkes Coach Dome­nico Tedesco sich das vor­ge­stellt hat. Kon­zen­triert und besonnen sollte seine Truppe die ersten Dort­munder Angriffs­wellen abfangen, statt­dessen regierte Hektik. Der 18-jäh­rige Weston McKennie stieg nach nur drei Minuten derart über­mo­ti­viert in einen Zwei­kampf, dass er froh sein kann, nur ver­warnt worden zu sein. Hane­bü­chene Abwehr­fehler, ein berauschter Gegner, vier Tore Rück­stand – nach nor­malen fuß­bal­le­ri­schen Maß­stäben ist dieses Spiel bereits ver­loren. In so einer Situa­tion hat ein Trainer zwei Mög­lich­keiten“, sagt Leon Goretzka später. Ers­tens: Er tritt auf die Mann­schaft ein. Unser Trainer hat sich für die zweite ent­schieden.“ Dome­nico Tedesco geht in die Hocke und spricht auf Augen­höhe mit den Spie­lern, die mit gesenkten Köpfen auf den Bänken hocken. Es ist ein ein­fa­cher Deal, den er anzu­bieten hat: Ihr spielt, als wäre nichts gewesen. Und ich coache euch bis zum Schluss.

Jeder Fuß­ballfan weiß, wie Schalke in der zweiten Halb­zeit aus einem 0:4 noch ein 4:4 machte. Plötz­lich sind es die Dort­munder, die über den Platz irren und nicht wissen, wie ihnen geschieht. Und es sind die Schalker, die sich an sich selbst berau­schen. In der Nach­spiel­zeit köpft Naldo mit seinem Eisen­schädel den Aus­gleich, der Schalker Block tau­melt vor Begeis­te­rung und Dome­nico Tedesco rennt los. Fünfzig Meter über das Spiel­feld, in die Arme seiner Spieler, sein Blick so irre, als wüsste er nicht, wohin mit sich und all dem Wahn­sinn. Goretzka schlingt die Arme um den Hals seines Trai­ners, alle schreien vor Glück und Erleich­te­rung.

Brief­mar­ken­samm­lung

Man kann im Leben Brief­marken oder sons­tige Sachen sam­meln. Ich glaube, dass es das Wich­tigste ist, Momente zu sam­meln“, sagt Tedesco direkt nach dem Spiel. In der Kabine fällt ihm Prä­si­dent Cle­mens Tön­nies glück­selig in die Arme. Und Chris­tian Heidel, der Sport­vor­stand, schwärmt: Er ist emo­tional ohne Ende und passt als Typ über­ra­gend in diese Region und zu Schalke“. Spät am Abend, nach all den Fei­er­lich­keiten, setzt sich Tedesco in seinem Büro in der Schalker Geschäfts­stelle auf einen Stuhl. Er kann eh nicht schlafen, also sichtet er das Video­ma­te­rial des Spiels.