Sie sehen wenig, leben gefährlich und warum sie diesen Job machen, weiß eigentlich keiner so genau. Aber ohne die Amateurschiedsrichter geht rein gar nichts. Eine Würdigung.
1. Der Sheriff
Geduld zählt nicht zu den Stärken des Sheriffs. Schließlich pfeift er bereits seit über 30 Jahren in der Kreisliga und hat in dieser Zeit nachweislich nicht ein einziges Sperenzchen geduldet. Der schrille Ton seiner Pfeife ist um ein paar Dutzend Dezibel lauter als bei seinen Kollegen, wichtigstes Utensil des Sheriffs ist allerdings sein starrer Blick voll kaltem Hass, mit dem er den Sünder länger als nötig abmahnt, manchmal bis in dessen Albträume hinein. Spieler spricht der Sheriff grundsätzlich mit „Freundchen“ an, Widerworte mag er überhaupt nicht. Ist das Spiel vorüber – selbstverständlich ohne Komplikationen –, erwartet der Sheriff, dass man sich per Handschlag bei ihm verabschiedet. Schließlich ist er nicht nur ein harter Hund, sondern auch ein tadelloser Sportsmann. Auch wenn sein Handschlag den einen oder anderen schon in die Notaufnahme gebracht hat.
2. Der alte Sack
Der alte Sack müsste eigentlich längst in einem Seniorenheim an einem Stück Kuchen mümmeln, aber weil der Nachwuchs zu wünschen übrig lässt, schleppt der alte Sack seine 80 Jahre wochenends noch immer auf den Sportplatz. Dass er mittlerweile mehr künstliche als echte Hüftgelenke im Körper hat, schränkt seinen Bewegungsradius auf die Größe des Mittelkreises ein. Auch hindern ihn seine flaschenbodengroßen Brillengläser nicht daran, Abseitsentscheidungen aus 50 Metern Entfernung zu treffen. Gut, dass der alte Sack die wilden Proteste weder hört noch sieht, so wie alle anderen Vorgänge auf dem Platz übrigens auch nicht. Der hochrote Kopf, den der alte Sack inmitten der sich regelmäßig um ihn bildenden Handgemenge bekommt, ist übrigens kein Zeichen von Zorn. Er hat schlicht vergessen, sein Bluthochdruckmittel zu nehmen. Ob er deswegen oder wegen einer langsam einsetzenden Senilität bereits nach 75 Minuten abpfeift, ist oft nicht ganz klar. Darüber diskutieren kann man mit dem alten Sack allerdings nicht.
3. Der eingesprungene Betreuer
Dass er heute pfeifen muss, weiß der eingesprungene Betreuer auch erst seit ein paar Minuten. Und das passt ihm gar nicht, schließlich hat er erst vor ein paar Stunden mal wieder als Letzter das Vereinsheim zugeschlossen und nun einen Mordsschädel. Aus dem Bett geschält hat er sich eigentlich nur wegen des Konterbier-Bratwurst-Frühstücks, aber weil er die gute Seele des Vereins und der Schiri nicht aufgetaucht ist, schleppt er sich dann halt doch auf den Platz, die Trainingshose auf halb acht, und geht einer Aktivität nach, die mit Schiedsrichterei wenig zu tun hat. Laufwege diagonal über den Platz sucht man beim eingesprungenen Betreuer vergebens, im Mittelkreis zu stehen und sauer aufzustoßen, tut es ja auch. Seine Entscheidungsfähigkeit ist durch Übelkeit, Sekundenschlaf und einen hartnäckigen „Malle ist nur einmal im Jahr“-Ohrwurm deutlich eingeschränkt. Trotz der zahllosen Fehlentscheidungen, gerne gegen die Gäste, ist mit dem eingesprungenen Betreuer immer ein Happy End gewiss: Mit der Bratwurst am Bierstand.