Krämpfe in den Beinen, Blut im Gesicht, Tritte auf die Knochen. Bastian Schweinsteiger musste im Finale vieles einstecken. Er überzeugte trotzdem – mit einer Weltklasse-Leistung.
Als sich die deutsche Mannschaft auf den Weg zur Pokalübergabe machte, schritt er wie ein Feldherr vorweg. Bastian Schweinsteiger kämpfte sich durch die Menschenmassen hinauf zur Ehrentribüne. Am Gang erkannte man, dass der Mittelfeldspieler mit seinen Kräften am Ende war, das Gesicht schmückte ein kleines Veilchen unter dem rechten Auge. Die zufriedene Mimik und die selbstbewusste Körpersprache verrieten jedoch etwas anderes: Hier komme ich, der Weltmeister.
Spiele wie das WM-Finale in Rio sind die ideale Bühne für große Fußballer – oder solche, die es mal werden wollen. Mario Götze hat das bewiesen. Sein entscheidendes Tor katapultierte ihn schlagartig auf eine Ebene mit den anderen deutschen Finaltorschützen Helmut Rahn, Gerd Müller und Andreas Brehme. Und obwohl auch in 20 Jahren vielleicht noch alle Fans über Götze und den entscheidenden Treffer reden werden, war gegen die Argentinier eigentlich Schweinsteiger der überragende und prägende DFB-Akteur.
So selbstbewusst wie er die Stufen zur Pokalübergabe nach dem Spiel herauf stapfte, hatte sich der Münchener auch in den 120 Minuten zuvor präsentiert. Mit einem wahren Kraftakt führte er seine Mannschaft zum Weltmeistertitel. Schweinsteiger lief 15,3 Kilometern, die meisten von allen Spielern auf dem Platz. Außerdem gewann er 20 seiner 29 Zweikämpfe – ebenfalls Bestwert. Und auch in Sachen Passspiel konnte dem Bayern-Akteur niemand das Wasser reichen: 87 seiner 95 Pässe kamen an, mit 118 Ballkontakten hatte er nur sechs weniger als seine Teamkollegen Toni Kroos und Philipp Lahm. In Anbetracht des kurzfristigen Ausfalls von Sami Khedira waren diese Spitzenwerte Gold wert.
Argentinien wusste sich nur mit Fouls zu behelfen
Kurz vor Spielbeginn erfuhr Schweinsteiger, dass sein Pendant im defensiven Mittelfeld nicht spielen könne. Mit Christoph Kramer bekam er einen jungen und unerfahrenen Spieler zur Seite gestellt, der seine Aufgabe zwar ordentlich erledigte, in der 30. Minute aber verletzt ausschied. Also entschied sich Schweinsteiger, die Aufgaben der beiden zentralen defensiven Mittelfeldspieler einfach alleine zu erledigen. Er biss sich ins Spiel.
Als Argentiniens Defensivchef Javier Mascherano Schweinsteiger ab der zweiten Halbzeit unentwegt im Mittelfeld malträtierte, blieb dieser ruhig und nahm die Herausforderung des Kampfes an. Schweinsteiger, der sich ohnehin längst nicht mehr durch Schönspielerei oder Tricksereien definiert, liebt diesen Kampf. Er schont sich nicht und ist dank seiner dennoch starken Technik der Boss im deutschen Mittelfeld – vorausgesetzt er ist fit. Diese Stärke bekamen auch die Argentinier zu spüren. Sie wussten sich nur mit einem Mittel zu helfen: Fouls. Sechsmal war Schweinsteiger nur noch mit unfairen Mitteln zu stoppen, kein anderer Spieler wurde häufiger gefoult. Der DFB-Antreiber ließ sich davon aber nicht aus dem Konzept bringen.