Die Bayern sind nach dem 3:2‑Sieg gegen Paderborn Tabellenführer. Die Frage, die sich aber stellt: Genügt das?
Es war eine symbolische Szene, die sich kurz vor Schlusspfiff in Paderborn abspielte. Philippe Coutinho erhielt beim Stand von 3:2 den Ball. Er zeigte einen seiner formvollendeten Tricks, ließ einen Gegner aussteigen – und verlor dann den Ball. Paderborns Gegenangriff versandete im Nichts. Er hätte aber genauso gut zum 3:3 führen können. Damit wäre aus einem knappen Sieg eine deutliche Blamage geworden.
Genie und Wahnsinn lagen im Bayern-Spiel nahe beieinander. Gegen den Aufsteiger dominierten die Bayern nie gänzlich, brillierten aber in einzelnen Situationen. Wie ist das zu bewerten? Fünf Fragen, die sich nach dem Spiel stellen.
1. Warum machen die Bayern den Sack nicht früher zu?
Bei den Bayern denkt man an Top-Stars, die eiskalt vor dem Tor auftreten und jeden Fehler des Gegners bestrafen. Dieses Klischee trifft nicht immer zu. Vergangene Saison etwa unterboten die Bayern regelmäßig ihren Expected-Goals-Wert. Dieser misst die statistische Wahrscheinlichkeit, mit der eine Chance zum Tor führt. Die Chancenqualität der Bayern sollte eigentlich für mehr Tore reichen.
Auch gegen Paderborn ließen sie größte Chancen ungenutzt. Selbst Robert Lewandowski, in den vergangenen Spielen treffsicher wie Gerd Müller, schoss aus kurzer Distanz freistehend am leeren Tor vorbei. Nach dem Spiel beschworen die Bayern-Verantwortlichen, das Spiel hätte bereits in der ersten Halbzeit entschieden werden müssen. Ganz Unrecht haben sie nicht.
2. Wo bleibt die Dominanz?
Rekordmeister gegen finanzschwachen Aufsteiger, der vor eineinhalb Jahren noch dritte Liga gespielt hat. Das klingt nach einer deutlichen Angelegenheit, bei dem die Bayern 75% Ballbesitz haben und einen nie gefährdeten Sieg einfahren.
Doch in Paderborn zeigten sie sich ungewohnt schluderig. Gegen das gegnerische Mittelfeldpressing im 4−2−3−1 entwickelten sie nie die Dominanz, die man von den Bayern gewohnt ist. Das hatte zum einen taktische Gründe: Die Bayern spielten viele Bälle direkt die Außen entlang. Damit entblößten sie Paderborns Abwehr mehrere Male, durch das direkte Spiel verloren sie aber auch vermehrt Bälle.
Die andere Facette waren ungewohnte Münchener Fehler. Thiagos Fehlpass, der beinahe zu einem Eigentor geführt hätte, ist hier nur die Spitze des Eisbergs. Vor allem bei den langen Bällen in die Spitze fehlte das Timing. Fast 100 Fehlpässe spielten die Bayern, ein für ihre Verhältnisse hoher Wert. Waren das nur Unkonzentriertheiten gegen einen schwachen Gegner? Oder steckt mehr dahinter?