Er schoss das verrückteste Eigentor aller Zeiten, hielt einen Elfer von Oliver Kahn und narrte Gerhard Schröder. Doch beinahe wäre Tomislav Piplica gar nicht in Deutschland gelandet. Ein Gespräch über Patzer, den Krieg und Energie Cottbus.
Dieses Interview erschien erstmals 2019 in 11FREUNDE #208. Das Heft gibt’s hier im Shop.
Tomislav Piplica, wollen wir gleich zu Beginn über Ihr legendäres Eigentor sprechen?
Ich habe keine Probleme damit. Es gehört ja zu meiner Karriere. Ich mag es nur nicht, wenn alles andere vergessen wird.
Es geschah am 6. April 2002, Heimspiel gegen Gladbach. Ein harmloser Fernschuss von Marcel Witeczek tropfte auf Ihren Hinterkopf und von dort zum 3:3‑Endstand ins Tor. War es der Wind?
Der Ball war abgefälscht, ich dachte, er landet auf der Latte. Sah blöd aus, und natürlich war es mein Fehler. Aber niemand hat mir einen Vorwurf gemacht.
Auch Eduard Geyer nicht?
Bis heute haben wir nie darüber geredet. So etwas kann im Fußball nun mal passieren. Ein paar Tage später stand ich gegen Stuttgart wieder im Tor. Ich brach mir im Spiel den Finger, ließ mich aber nicht auswechseln. Wir erkämpften ein 0:0. Aber immer noch sprachen die Leute lieber über mein Eigentor.
Die Fans sangen: „Das war super, das war elegant!“ Gladbachs Trainer Michael Frontzeck sagte: „Der war unhaltbar!“ Wie sind Sie mit dem Spott umgegangen?
Ich habe mitgelacht. Ich war ja sogar bei Stefan Raab. Der hat immer wieder angerufen: „Tomislav, komm doch bitte in meine Show.“ Ich habe erst abgesagt, aber er blieb sehr hartnäckig, bis ich sagte: „Ich komme, wenn du aufhörst zu fragen.“ In der Sendung erhielt ich den „Raab der Woche“, danach war ich in ganz Deutschland bekannt.
Ihr Landsmann Petar Radenkovic sagte, Torhüter müssen speziell und ein bisschen verrückt sein. Warum sind Sie Torwart geworden?
Zu Beginn war ich Feldspieler, Außenverteidiger. Irgendwann brauchte der Trainer der ersten Mannschaft, Torhüterlegende Stipo Pejak, einen zweiten Torhüter für ein Trainingsspiel. Ich meldete mich freiwillig – und überzeugte ihn. Vielleicht hielt ich so gut, weil ich bis zu meinem zwölften Lebensjahr Handball gespielt hatte.
Gefiel Ihnen die neue Position?
Total. In Jugoslawien hatten wir damals keine guten Bälle, und wenn es geregnet hatte, waren die so hart und schwer wie Medizinbälle. Trotzdem mussten die Feldspieler ständig Kopfballtraining machen, abends hatte ich deshalb oft Kopfschmerzen. Als Torhüter blieb mir dieses Kopfballtraining erspart.
Wer waren Ihre Idole?
Mein Trainer Stipo Pejak. Aber auch Peter Borata, der für OFK und Partizan Belgrad und später für Chelsea spielte. Aber ich versuchte, einen eigenen Stil zu finden. Ich wollte spielen wie ein zweiter Libero.
Sie wollten ein moderner Torhüter sein?
Damals wurde es anders genannt: Risikofaktor. (Lacht.)