Nach einer katastrophalen Saison leckt der FC Schalke 04 seine Wunden und stapelt ungewöhnlich tief. Gelingt es Coach David Wagner, dem ängstlichen Klub Mut einzuimpfen?
Rückblick
„Umbruch – Aufbruch – Einbruch – Abbruch“. Mit diesen Worten beschrieb Blogger Torsten Wieland einmal sehr treffend die „04 Schalker Jahreszeiten“. Geht es nach diesem Kalender, befinden sich die Schalker aktuell also mal wieder mitten im Umbruch, nachdem die katastrophale letzte Saison für den Abbruch des Wirkens von Christian Heidel und Domenico Tedesco auf Schalke gesorgt hatte. Und auch wenn Wielands Blog nicht mehr existiert – seine Jahreszeiten scheinen in Gelsenkirchen so zuverlässig Einzug zu halten wie Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
Transfers
Der Zyklus der Schalker Jahreszeiten bringt es mit sich, dass die Verantwortlichen in fast jedem Sommer damit beschäftigt sind, den Kader nach ihren und den Vorstellungen eines neuen Trainers umzubauen. So darf Sebastian Rudy per Leihe nach Hoffenheim zurückkehren, weil er als Stratege nicht zum geplanten Power-Fußball von David Wagner passt. Zudem steht Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider vor der undankbaren Aufgabe, die Heidelschen Fehlgriffe Yevhen Konoplyanka, Nabil Bentaleb und Hamza Mendyl loszuwerden und den finanziellen Schaden dabei in Grenzen zu halten.
Denn eigentlich wünscht sich Trainer David Wagner noch einen Linksverteidiger sowie einen Mittelstürmer. Für die Offensive kam bislang nur Benito Raman. Der Belgier wechselte nach äußerst zähen Verhandlungen für schätzungsweise 13 Millionen Euro von Fortuna Düsseldorf zu den Königsblauen und soll für Tempo im Spiel nach vorne sorgen. Zudem kamen Rechtsverteidiger Jonjoe Kenny (per Leihe aus Everton) und Markus Schubert (ablösefrei von Dynamo Dresden). Mit der Verpflichtung des Ersatztorwarts der deutschen U21 sichern sich die Schalker für einen möglichen Abgang von Alexander Nübel im kommenden Sommer ab. Königstransfer ist bislang die Verpflichtung von Ozan Kabak. Der türkische U21-Nationalspieler kam für 15 Millionen Euro vom VfB Stuttgart. Stolz erzählten sie auf Schalke, dass man im Werben um den Innenverteiger sogar den FC Bayern München ausgestochen habe. Was kein gutes Zeichen ist, denn auch bei den Wechseln von Johannes Geis und Breel Embolo prahlten die Schalker damit, sich gegen namhafte Konkurrenz durchgesetzt zu haben. Während ersterer mittlerweile vereinslos ist, wechselte Letzterer in diesem Sommer nach drei eher unglücklichen Jahren zu Borussia Mönchengladbach. Und auch der Einstand von Ozan Kabak verlief alles andere als nach Maß: Bereits am zweiten Trainingstag zog er sich eine hartnäckige Fußverletzung zu. Mittlerweile ist er zumindest wieder ins Lauftraining eingestiegen.
Boss-Level
Auch vor der Schalker Führungsebene machte der Lauf der Jahreszeiten nicht Halt. Nach Christian Heidels Demission, den Clemens Tönnies als „starken Mann“ installiert hatte, wurde die Verantwortung für den sportlichen Bereich nun bewusst auf mehrere Schultern verteilt. Der neue Sportvorstand Jochen Schneider holte Michael Reschke für den neu geschaffenen Posten des Technischen Direktors. Von ihm erhoffen sich die Schalker, dass er im Hintergrund ähnlich erfolgreich an der Kaderplanung werkelt wie zuvor in Leverkusen und München. Sascha Riether wurde nach Beendigung seiner aktiven Karriere zum Koordinator der Lizenzspielerabteilung ernannt und soll in dieser Funktion erster Ansprechpartner für seine ehemaligen Kollegen sein.
Dafür, dass aus dem Umbruch dann auch tatsächlich ein Aufbruch wird, soll David Wagner sorgen und fordert für dieses Unterfangen vor allem Mut: „Hier auf Schalke muss sich wieder jeder trauen, Fehler zu machen. Wir müssen alle mutig sein“, sagte er im 11FREUNDE-Interview. Diese Herangehensweise soll sich auch auf die Spielweise übertragen: „Die Nordkurve gibt vor, wie wir spielen: mit Leidenschaft, Energie und Zusammenhalt. Unser Stadion diktiert die Art des Fußballs.“
Und dann ist da ja noch Clemens Tönnies. Spätestens, wenn ein erneuter Einbruch droht, wird es sich der Vorsitzende des Aufsichtsrats wohl nicht nehmen lassen, lautstark über den Boulevard zu poltern und für den nächsten Abbruch zu sorgen – wenn er nicht gerade mit rassistischen Äußerungen zum Klimawandel für Empörung sorgt.