Der Fall der Bibiane Schulze Solano offenbart das Dilemma von Athletic Bilbao: Die Mittelfeldspielerin, seit Kindertagen Athletic-Fan, ist vielen im Klub nicht baskisch genug.
Rein sportlich betrachtet ist dieser Transfer eher eine Randnotiz. Die 20-jährige Defensiv-Allrounderin Bibiane Schulze Solano wechselt zur neuen Saison vom 1. FFC Frankfurt, wo sie meist für die 2. Mannschaft spielte, zu Athletic Bilbao, wo sie ebenfalls für die Zweitvertretung auflaufen soll. So zumindest der Plan. Doch der droht zu zerplatzen – im dornigen Dickicht aus Selbstbeschränkung und Traditionswahrung.
Besondere Regel
Bei Athletic Bilbao, dem Vorzeigeverein der autonomen spanischen Region Baskenland, ist nämlich alles irgendwie politisch. Und deshalb ist die Causa Bibiane Schulze Solano hoch brisant: Die Deutsch-Spanierin, geboren und aufgewachsen in Bad Soden im Taunus, ist vielen Traditionalisten in der Führungsetage des Klubs nicht baskisch genug. Nun tobt ein Krieg der Gremien und der Funktionäre – darüber, ob Schulze Solano dem ungeschriebenen, aber streng befolgten Vereinsstatut entspricht, nach dem ausschließlich Personal aus der heimischen Region für Athletic auflaufen darf.
Dabei liegen die ursprünglichen Wurzeln von Athletic (der englischsprachige Name verrät es) gar nicht im Baskenland selbst. Viel mehr geht der Verein zurück auf englische Gastarbeiter und auf baskische Studenten, die ihre Fußball-Leidenschaft in Auslandssemestern auf der britischen Insel entdeckt hatten. Später implementierte der 1898 gegründete Verein das Gebot, (fast) ausschließlich ethnische Basken im rot-weiß-gestreiften Hemd spielen zu lassen.
Stammbaumnachweis
Bis heute gilt bei Athletic das Primat, nur solche Fußballerinnen und Fußballer einzusetzen, die entweder den spanisch-baskischen Provinzen Bizkaia, Gipuzkoa, Àlava und Navarra oder den französisch-baskischen Regionen Labourd, Soule und Basse-Navarre entstammen bzw. dort ausgebildet wurden. In seltenen Fällen holt Athletic auch mal ein Talent aus der nicht-baskischen Nachbarregion La Rioja – aber das muss dann schon ein absoluter Ausnahmekicker sein, munkelt man.
Einen Fall wie den der Bibiane Schulze Solano hingegen sieht das strenge Regulativ des „Athletic Club“ (so der offizielle Vereinsname) nicht vor. Dabei kann die Abiturientin mit baskischen Wurzeln einiges ins Feld führen: „Bibi“ war schon als Kind Fan des achtmaligen spanischen Meisters und 24-maligen Pokalsiegers. Der Stammsitz ihrer Familie liegt in Ispaster in der Provinz Bizkaia, und Bibianes Vorfahren standen in den 1920er-Jahren in engem Kontakt mit Verantwortlichen von Athletic Bilbao. Doch der traditionsbewussten Versammlung der Klub-Gesellschafter reicht all das offenbar nicht aus.