Gekaufte Vereinslegenden, Drohnachrichten per WhatsApp, eine verschobene Tabelle. In der Primera División kommt derzeit ein Wettskandal ans Licht. Im Mittelpunkt stehen zwei ehemalige Spieler von Real Madrid.
Polizisten stürmen in das Haus von Raúl Bravo. Einst war er ein junger Hoffnungsträger bei Real Madrid. Ein Junge aus der eigenen Akademie, einer, dem sie viel zutrauten. 2001 hatte er die Champions League gewonnen, hatte an der Seite von Zinédine Zidane und Ronaldo die Meisterschaft geholt, war mit der spanischen Nationalmannschaft zur Europameisterschaft nach Griechenland gefahren. 2007 war für Bravo der Traum von Real Madrid vorbei. In dem Starkader war kein Platz mehr für ihn. Olympiakos Piräus brauchte einen erfahrenen Verteidiger. Danach begann seine Odyssee: Numancia, Rayo Vallecano, Beerschot AC, FC Córdoba, PAE Veria, von da zu Aris Saloniki, wieder zu Veria, zurück zu Aris. Bravo kam nirgendwo richtig an, lernte viele Kollegen zwischen Spanien und Griechenland kennen und baute sich ein Netzwerk auf.
Als die Polizisten bei Bravos Wohnungstür ankommen, will der gerade das Haus verlassen. In roten Trainingsklamotten und in Badelatschen gekleidet, fasst er sich ungläubig an die Brust, als der Haftbefehl ausgesprochen wird, wie man in einem Polizeivideo sieht. Der ehemalige Fußballprofi soll der Kopf einer kriminellen Organisation sein, die mehrere Spiele im spanischen Fußball verschoben hat. Ein Wettskandal, der bekannte spanische Spieler belastet. Das Ausmaß lässt sich derzeit schwer abschätzen. Bravo wird abgeführt, die Polizisten finden in seiner Wohnung zahlreiche Handys und Kassen voller Bargeld. Gleichzeitig gibt es Razzien in ganz Spanien. Auch Borja Fernández (Real Valladolid), Samuel Saiz (FC Getafe), Íñigo López (Deportivo de La Coruña) und SD Huesca Präsident Agustín Lasaosa werden verhaftet. Mit einigen von ihnen hat Bravo zeitweise Farben, Arbeitgeber und Kabine geteilt. Viele von ihnen haben eine ähnlich bewegte Karriere wie Bravo. Die meisten lernten gemeinsam bei Real Madrid das Fußballspielen, so auch Carlos Aranda, der gemeinsam mit Bravo der Kopf der Organisation sein soll.
„Wir haben sieben Spieler gekauft. Das ist alles“
Wieviele Spiele betroffen sein sollen, ist noch nicht klar. Die Gruppe von Bravo und Aranda soll in den ersten vier Ligen Partien verschoben haben. Alles soll in Málaga angefangen haben. Dort machte Aranda ein Wettbüro auf. „Wir wussten alle, was hier passierte. Er begann mit professionellen Wettern, dann widmete er sich krummen Geschäften in der Vierten Liga und Segunda B, seine Gier brachte ihn dazu, sich zusammen mit seinen Fußballer-Kumpels in Erstliga-Partien einzumischen“, zitiert die Zeitung „El Mundo“ einen engen Freund der Familie. Es soll um Wetten in Millionenhöhe gehen. Abgewickelt über Mittelsmänner in Griechenland, die Wetten in unüberwachten asiatischen Wettbüros platzierten. Deshalb sprang der Alarm erst so spät an, die Polizei kann diese Wetten nicht nachverfolgen. Doch abgefangene Telefonate und WhatsApp-Nachrichten zeigen, wie tief das Netzwerk in den spanischen Fußball vorgedrungen ist.
Am letzten Spieltag dieser Saison ging es für den FC Valencia um die Teilnahme zur Champions League, für Real Valladolid darum, ob sie 14. oder 16. werden. Vor dem Spiel wurden übermäßig viele Wetten darauf abgesetzt, dass Valencia mit zwei Toren Abstand gewinnt und dass Valencia beide Halbzeiten gewinnt. Die Polizei fing ein Telefonat ab. Laut „El Mundo“ ist darin Aranda zu hören, wie er mit einem Kumpel spricht: „Schau, Bruder. Die erste und die zweite Halbzeit gewinnt Valencia, okay? Du weißt worum es geht. Niemand darf davon erfahren. Niemand. Niemand heißt niemand. Weder deine Freunde noch sonst jemand. Niemand. Setz 10.000 darauf und du kriegst 20.000 raus.“ Nach dem Spiel soll er am Telefon angegeben haben: „Wir haben sieben Spieler gekauft. Das ist alles.“