Ach du Schreck: Für einen kurzen Augenblick war Peter Neururer der neue Trainer auf Schalke. Dann kam doch alles ganz anders.
Es gab diesen einen Tag, es war im April und das weiß ich noch genau, da rief mich mein Vater morgens in das Zimmer meiner Eltern. Ich war sieben Jahre alt, auch das weiß ich noch ganz genau, weil ich damals in der E2-Jugend mitspielte, im jüngeren Jahrgang, obwohl ich eigentlich noch in der F‑Jugend kicken sollte. Kurz: In meinen sehr kleinen Augen war ich auf dem Sprung in den Profifußball.
„Der E1-Trainer hat gerade angerufen“, sagte mein Vater. Ich zuckte. Die E1, das war die beste Mannschaft des Fußballkreises. Trainiert von der Vereinslegende, angeführt vom Sohn der Vereinslegende. Sie waren sehr gut. Sie hatten gelbe Trikots. Sie zu tragen, war ein Privileg. „Die haben heute nicht genug Spieler. Du sollst mitspielen.“
Welcher Tag?
Der Satz war noch nicht ausgesprochen, da stand ich stand schon unten, im Hauswirtschaftsraum, überprüfte sicher noch einmal die Schnürbänder meiner Fußballschuhe oder so etwas, da hörte ich von oben meinen Vater lachen. „Welcher Tag ist heute?“ Ich weiß es bis heute.
Es war der 1. April. – So kann man sich täuschen.
Es ist nicht bekannt, ob sich Peter Neururer häufig täuscht. Oder täuschen lässt. In seiner Karriere trainierte er bei 16 Vereinen unzählige Spieler. Führte den VfL Bochum in den Uefa-Cup und Ballonseidenanzüge in Bundesligastadien. Er konnte das tragen.
Kleiner Streich
Seit heute ist jedoch klar: Das gesteigerte Selbstbewusstsein spielte Peter Neururer in diesem Winter einen Streich. Denn für einen kurzen Moment hatte er gedacht, Schalke 04 würde anrufen. Genauer: Ex-Schalke-Präsident Josef Schnusenberg. „Josef Schnusenberg rief mich an“, erzählte Neururer diese Woche im Interview mit der Rheinischen Post. „Genau zu dem Zeitpunkt, als Schalke Domenico Tedesco entlassen hatte. Jupp fragte mich, ob ich helfen könne und erzählte mir, was der Klub so alles aufbauen wolle.“
„›Super, da bin ich dabei‹, habe ich daraufhin gesagt.“, so Neururer gedankenschnell. Und Schnusenberg war auch tatsächlich am Apparat. Er forderte Neururer nur auf, kein allzu großes Gehalt zu fordern. „Das war für mich kein Problem“, meinte der vermeintliche Kandidat. Hauptsache zurück, Hauptsache wieder dabei. Nur die Champions League, die wolle Neururer nicht sofort versprechen. „Dann war Stille am Hörer“, erinnert sich der Trainer an die überraschte Antwort Schnusenbergs.
„Peter, wir reden hier über Wattenscheid 09, ich bin da im Aufsichtsrat.“
Keine Champions League
Es lässt sich einfach vorstellen, wie Peter Neururer, der sich da gerade noch auf Schalkes freiem Trainerstuhl sah, seinen Telefonhörer anblickte und einen Moment brauchte, um sich zu erinnern, in welcher Liga Wattenscheid 09 denn gerade spielte. „Da war ich erst einmal baff“, erzählte der 64-Jährige im Interview weiter. „Aber ich hatte ihm mein Wort gegeben. Und wenn ich jemandem ein Versprechen gebe, dann stehe ich auch dazu.“
Immerhin: Der Plan ging auf. Mit Neururer als neuen Sportlichen Leiter hielt Wattenscheid die Klasse. Und dort, in der Regionalliga West, wird Neururer auch im Sommer nicht in Versuchung geraten, den Fans die Champions League zu versprechen. Alles andere wäre nun wirklich ein schlechter Scherz.