Der Transfer von Jann-Fiete Arp ist für den FC Bayern kein großes Risiko, doch der Verein spielt trotzdem mit sehr hohen Einsätzen. Denn selbst wenn Arp sich bei Bayern durchsetzen sollte, könnte genau das zu neuen Problemen führen.
Ein junger Stürmer macht in der Jugendnationalmannschaft auf sich aufmerksam. Er ist die Zukunft des deutschen Fußballs, da sind sich alle einig. Vergleiche mit den Helden der Vergangenheit lassen nicht lange auf sich warten. Er soll eigentlich das neue Gesicht bei seinem Verein werden, doch die Hoffnung, dass er bleibt, ist gering. Alle großen Bundesliga-Klubs haben Interesse, unterbreiten Angebote, werben um das Jahrhunderttalent.
Am Ende triumphiert der FC Bayern. Karl-Heinz Rummenigge erklärt den Transfer: „Der Kampf um junge Talente in der Bundesliga ist entfacht – und wir müssen nun Vollgas geben.“ Man sei bereit, „in Zukunft mehr finanzielles Volumen für diese Sparte aufzubringen.“ Das war 2015. Damals wechselte Sinan Kurt von Borussia Mönchengladbach an die Isar.
Vier Jahre ist das her – und vieles, was damals passierte, wiederholt sich bei dem Transfer von Jann-Fiete Arp. Ein junger Spieler, hoch gehandelt, nichts erreicht. Arp hat Talent, das steht außer Frage. Gerade in der vergangenen Saison zeigte er immer wieder, dass er eine starke Technik hat, beidfüßig ist, Laufwege seiner Mitspieler lesen und sie mit guten Pässen finden kann. Doch die aktuelle Saison zeigt auch, dass er eigentlich noch nicht bereit ist, um die Erwartungen, die an ihn gestellt werden, zu erfüllen.
Elf Spiele, null Tore
Elf Einsätze in der zweiten Liga, keiner davon über 90 Minuten, null Tore, ein Assist. An Pierre-Michelle Lasogga kommt Arp derzeit einfach nicht vorbei. Wenn Arp zum FC Bayern kommt, ob diesen oder nächsten Sommer, heißen seine Konkurrenten nicht mehr Lasogga, Tatsuya Ito oder Khaled Narey, sondern Robert Lewandowski, Serge Gnabry und Kingsley Coman. Das noch mindestens ein großer Name dazu kommen wird, ist mehr als wahrscheinlich.
Denn Bayern wird noch mindestens eine Offensivkraft kaufen. Bayern wird nicht auf Arp setzen. Der Verein wird hoffen, dass er das Potenzial, das er hat, abrufen kann. Aber Bayern wird nicht mit Arp planen, nicht seine Kaderstruktur nach ihm ausrichten. 2,5 Millionen Euro – das ist für den großen FC Bayern ein kleiner Wetteinsatz. Das Pendant zu einem 5‑Euro-Risiko-Wettschein, der, wenn er aufgeht, richtig Freude bringt. Wenn er daneben geht, trauert man ihm nicht lange hinterher.
Bei Kimmich lief es anders
Genau das ist das Problem für Arp. Junge Spieler brauchen Spielzeit, um sich zu entwickeln. Doch am allermeisten brauchen sie das Gefühl, dass sie Fehler machen können, dass sie trotzdem geschätzt werden, dass der Verein auf sie baut und alles dafür tut, dass sie es schaffen.
Ein Jahr nach Kurt versetzte der nächste Jugendspieler Fußballdeutschland in Aufregung. Wieder hagelte es Angebote, wieder gewann der FC Bayern. Joshua Kimmich wechselte nach München. Bei Kimmich passten die Vorzeichen. Denn der FC Bayern hatte einen Plan für den jungen Spieler, richteten die Kaderstruktur nach ihm aus. Philipp Lahms Karriere neigte sich dem Ende zu und er kam vor allen Dingen im defensiven Mittelfeld zum Einsatz.
Die Position des rechten Verteidigers war also auf absehbare Zeit vakant und der Konkurrenzkampf mit Rafinha vergleichsweise offen. Mit Pep Guardiola hatte Kimmich einen Trainer, der in den Transfer von Anfang an eingebunden war, der auf junge Spieler setzte, der sein Potenzial erkannte und ihn nach Fehlern zwar in aller Öffentlichkeit noch auf dem Feld wild anfuchtelte, ihn danach aber er erst in den Arm und am nächsten Spieltag nicht aus der Startelf nahm.