Atlanta United hat den MLS-Cup gewonnen. Maßgeblich daran beteiligt: Julian Gressel, 24 Jahre alt, aus Neustadt an der Aisch. Die Genese einer magischen Nacht.
Für seinen großen Auftritt hatte Brad Guzan immer noch die Handschuhe an. Als Atlanta Uniteds Torwart nach dem 2:0‑Sieg im MLS-Cup zu den Moderatoren von FOX Sports an den Interviewtisch schritten, mussten die eben den Haftschaum schütteln. Etwas wacklig hielt Guzan dann auch das Mikrofon in der Rechten, als er hineinsprach: „Zu allererst ist der Sieg riesig für die Stadt.“
Eine Minute zuvor hat der deutsche Julian Gressel seinen großen Auftritt. Ohne Handschuhe und ohne Mikrofon, dafür aber mit der wichtigsten Trophäe des US-amerikanisch-kanadischen Fußballs in den Händen rannte er zu den Fans in die Kurve, reckte den Pokal in die Höhe und ließ sich feiern.
Die vorangegangenen 90 Minuten Fußballspiel in Atlantas Mercedes-Benz-Stadium hatte United dominiert, der Sieg war verdient. Im dritten Anlauf gelang Atlanta der erste Sieg gegen die Timbers. Bevor Josef Martinez und Franco Escobar die beiden Tore zum Finalsieg erzielten, hatte nur ein einziger Atlanta-Spieler gegen Portland getroffen: Julian Gressel. Am 14. Mai 2017 war es sein erstes Profi-Tor.
Der heimliche Star
Heute Nacht machten andere die Tore, standen andere im Rampenlicht. Martinez natürlich, Toptorjäger der MLS, Regular-Season-MVP, MLS-Cup-MVP. Und Escobar, der mit seinem Treffer die letzten Zweifel am Titelgewinn beseitigte. Abwehrspieler Michael Parkhurst, der in seinem fünften Finale endlich den Titel gewann. Auch Trainer Gerardo Martino, der sich mit einem Titel aus Atlanta verabschieden wird. Doch der heimliche Star des Abends heißt Julian Gressel.
Der 24-Jährige aus Neustadt an der Aisch, links in einem Dreiermittelfeld aufgeboten, ist während des ganzen Spiels überall auf dem Platz zu finden. Zumindest überall, wo er gebraucht wird. Selten steht Gressels Nummer 24 im Mittelpunkt, dennoch ist sie irgendwie immer zu sehen. Wie er Lücken zuläuft, Angriffe einleitet und seine Mitspieler dirigiert, egal ob mit oder ohne Ball, verlangt Respekt. Ebenfalls, wie er bis zuletzt nach vorne drängt. In der 89. Minute bereitet er mit einem perfekt getimten Pass an die rechte Strafraumkante die letzte große Chance des Spiels vor.
Als Gressel mit 19 aus der Landesliga Bayern-Nordwest ans Providence College ging, hatte er einen Plan. Schule und Fußball verbinden, einen Abschluss machen und Profi werden. Atlanta United hatte auch einen Plan. In die Liga kommen und den Titel holen, so schnell wie möglich. Gressel war von Anfang an ein fester Teil davon. Als ihn das neue Franchise im Draft an achter Stelle zog, war das nicht nur der Beginn seiner Profikarriere und damit die Erfüllung seines Plans. Es war der Startschuss zu Atlantas Titeljagd.