Tony Britten hat vor 24 Jahren einen Hit geschrieben, den man in ganz Europa kennt: die Hymne der Champions League. Ein Gespräch über die Kraft der Klassik, den blassen Stefan Effenberg und „eine große sportliche Veranstaltung“.
Tony Britten, 1992 beauftragte die UEFA Sie damit, eine Hymne für einen neuen Wettbewerb namens Champions League zu komponieren. Hatten Sie mit Fußball damals überhaupt was am Hut?
Nicht wirklich. Ich war, wenn überhaupt, eher an Rugby interessiert. Über die Jahre habe ich dann aber doch einige Spiele gesehen, vor allem natürlich in der Champions League.
Welche Anforderungen stellte die UEFA an Sie?
Sie wollte etwas Klassisches. Etwas, das genügend Schwere hat. Und keinen Solisten. Damals waren die „Drei Tenöre“ gerade sehr angesagt. Es war also schnell klar, dass es eine Art Choral werden würde. Aber es sollte auch nicht so klassisch sein, dass ein Massenpublikum abgeschreckt wird.
Die Basis für die Hymne bildete schließlich Georg Friedrich Händels Stück „Zadok the Priest“ von 1727.
Von Händel habe ich nur die aufsteigenden Streicher zu Beginn genommen – anders als das einige böse Zungen später behauptet haben. Mit den hohen Trompeten, die dann einsetzen, gab ich dem Stück einen ganz eigenen Sound. Die Musik war ziemlich schnell fertig, das ist immer ein gutes Zeichen.
Und der Text?
Der dauerte etwas länger. Am Anfang hatten wir nur die Kernbotschaft: Es ging um die Besten der Besten. Eine Liga für sich. Also erstellte ich eine lange Liste mit Superlativen. Die Ausdrücke ließ ich mir in die anderen UEFA-Sprachen übersetzen, ins Deutsche und Französische. Daraus bastelte ich den Text. Einige Passagen klingen für Muttersprachler hölzern. Etwa wenn es um „eine große sportliche Veranstaltung“ geht. Das haben mir damals schon die Übersetzer gesagt. Am Ende ist die musikalische Funktion der Wörter aber mindestens genauso wichtig wie ihre Bedeutung.
Wie lange dauerte es von der ersten Idee bis zur Fertigstellung?
Nicht sehr lange, das war eine Sache von Wochen, höchstens ein paar Monaten. Die meiste Zeit haben wir dafür gebraucht, die verschiedenen Versionen vorzubereiten. Vor 20 Jahren forderte noch fast jeder Fernsehsender eine andere Tontechnik. Die einen wollten Dolby, die anderen Stereo, die Russen sogar noch Mono. Ich musste einen Mitarbeiter nur dafür einstellen. Am Schluss stapelten sich im Studio meterhoch die Kassetten.
Händels Original gehört bis heute zu jeder englischen Krönungszeremonie. Gibt es da Parallelen zu einem Champions-League-Endspiel?
Die offensichtliche Ähnlichkeit ist: Es sind beides minutiös organisierte Feiern. Das erfordert Monate der Vorbereitung, egal ob bei einer Krönung oder einem Finale. Die Musik muss stimmen, jedes Element muss stimmen. Und es muss am Ende mühelos wirken.
Sie sind auch studierter Dirigent. Haben Sie Ihre Hymne je live aufführen können?
Oh ja. Unvergesslich war das Finale zwischen Bayern und Valencia im San Siro. Wir bekamen nach endlosen Verhandlungen die Erlaubnis, mit dem Chor der Mailänder Scala zu arbeiten. Das Stadion war brechend voll. Die UEFA-Offiziellen hatten Angst, dass uns keiner zuhören würde. Ich stand auf dem Rasen, die Spieler waren schon da. Direkt neben mir stand … Wer war noch mal Bayerns großer Raufbold damals? Stefan …