Heute Abend beginnt – mal wieder – die Relegation zur 3. Liga. Fünf Meister und ein Vizemeister spielen drei Aufsteiger aus. Dabei hat die Erfahrung gezeigt: Dieses System hebelt jedes Prinzip aus.
Eigentlich machte Sebastian Gärtner an diesem Abend alles richtig. Als fünfter Schütze für den SV Waldhof Mannheim legte er sich den Ball zurecht. Der letzte Elfmeter im Relegationsrückspiel gegen den SV Meppen um den Aufstieg in die 3. Liga. Gärtner schickte Meppens Torwart lässig in die andere Seite und schoss nach links. Bogenförmig, unhaltbar in die untere Ecke – Puck! Der Ball klatschte gegen den Pfosten, sprang aus dem Strafraum und Gärtner fiel.
Dass der gesamte Meppener Kader im Strafraum jubelte, sah Gärtner nicht. Dass Meppens verletzter Torjäger Benjamin Girth adrenalingeladen auf einem Bein über den Platz sprintete, sah Gärtner nicht. Gärtner sah nur Schwarz. Er war nach dem Pfostentreffer reglos umgefallen.
Was muss jemand fühlen, der gerade einen Verein um ein ganzes Jahr gebracht hat? Der nicht am Willen, nicht an der Leistung, sondern einfach nur am fehlenden Glück scheiterte. Für den eine Welt zusammenbricht, während neben ihm 13.000 Menschen einen Aufstieg feiern.
Was für ein Drama!
Meppen feierte. Mannheim trauerte. Während knapp 13.000 Meppener auf den Rasen stürmten, ungläubig jubelten, ein bisschen weinten, war aus dem Gästeblock jedes Leben gewichen. Einige Mannheimer Fans zerstörten einen Zaun, täuschten einen Platzsturm an und ließen sich nach wenigen Metern fast regungslos von Polizeihunden beißen. Als wäre der Schmerz gar nicht spürbar.
„Was für ein Drama“, brüllte der NDR-Reporter da gerade ins Mikrofon, während auf dem Platz längst klar war: So eine Relegation darf es nicht noch einmal geben.
2012 hatte der DFB die ungeliebte Regionalliga neu strukturiert. Drei Klassen hatte es zu diesem Zeitpunkt gegeben. Was dazu führte, dass der SV Wilhelmshaven aus Niedersachsen zum 582 Kilometer entfernten Plauen an der tschechischen Grenze reisen musste. Amateurklubs mit unliebsamen Profianforderungen. Immerhin stieg der Meister am Ende der Saison noch auf.
Ärger um die Regionalliga Bayern
Das änderte sich zur Saison 2012/13, als die fünfgleisige Regionalliga eingeführt wurde. Zuvor hatten zahlreiche Amateurklubs angesichts der Anforderungen ihren Aufstieg in die vierthöchste Spielklasse verweigert. Nun wurde aufgeteilt in Nord, Nordost, West, Südwest und Bayern. Der Landesverband hatte es geschafft, eine eigene Liga für sich zu erhalten. Seitdem spielen die fünf Meister und der Zweite der mitgliederstärksten Staffel im Südwesten drei Aufsteiger aus. Es folgten K.O.-Spiele, die durch Fehler in der letzten Sekunde entschieden wurden. Unangefochtene Meister, die einen einzigen schlechten Tag erwischten. Träume. Tränen. Insolvenzen.
Ein System, mit dem die Entscheider beim DFB auch selbst nicht mehr zufrieden sind. Beim Bundestag im Dezember wurde um eine Reform gerungen, am Ende musste sich alle mit einem Kompromiss begnügen, weshalb ab der nächsten Saison der Meister der Regionalliga Südwest direkt aufsteigt, zwei weitere Aufsteiger per Los ermittelt werden und die zwei übrigen Meister den letzten Platz unter sich ausspielen. Eine Übergangslösung, die unbefriedigend ist, und nur für zwei Jahre gelten soll. Und dann?