Der Uefa-Cup wurde immer so behandelt wie eine sympathische, aber biedere Dame beim Blind Date. Vor genau zehn Jahren schrieb der FC Bayern in Getafe die Geschichte um.
Der quirlige Premiere-Reporter Fritz von Thurn und Taxis schnüffelt bereits an seiner Feierabendzigarette, gleich würde es soweit sein, und der FC Bayern hätte sich nicht bis auf die Knochen blamiert. Sondern mindestens zu den Fußsohlen.
Der Uefa-Cup, den sie nie wirklich annehmen wollten, als Symbol der Verbannung aus der Schwergewichtsklasse, Blasphemie eigentlich – dieser lausige Wettbewerb droht für die Bayern in Pein und Peinlichkeit zu enden. Was sie dann auch wieder nicht möchten.
Nur keine erneute Abfuhr
Es ist wie bei einer Gemahlin (Real Madrid), die einem davonläuft, weil sie glaubt, etwas Besseres oder einen Besseren gefunden zu haben (Champions League), während der stolze Herr in seiner Eitelkeit gekränkt ein Blind Date arrangiert (Uefa-Cup) und dort eine rührend sympathische, aber halt recht biedere Dame trifft (FC Getafe).
Trotzdem muss der Abend ja irgendwie rumgebracht werden. Und die Eitelkeit des stolzen Herrn befiehlt, dass alles passieren dürfe, nur keine erneute Abfuhr. Nicht. Von. Getafe.
Eigentlich schon der Abgesang
Dann schießt Franck Ribéry ein Tor, in wenigen Tagen sollte Bayern den BVB vermöbeln, und im Sommer würde der weise Mann mit den grauen Haaren vom Münchner Trainerberuf emeritieren und durch einen hippen Youngster ersetzt werden. Hallo, 2008. Bist du es, 2018?
Die Zigarette muss warten. Also trompetet Fritz von Thurn und Taxis, auf der Tribüne dieses 16.000-Zuschauer-Stadions südlich von Madrid sitzend, in seiner fritzvonthurnundtaxisesken Art: „Tor! Ribéry! Das ist der Fußball, meine Damen und Herren. Das war eigentlich schon der Abgesang auf die Bayern.“
Ein skurriles Kapitel mehr
Wenn er bloß ahnen würde, dass die Zigarette in weiter Ferne liegt. Huiuiui!
„Der Abgesang war vorbereitet“, sagt Oliver Kahn, als die ohnehin nicht eben ereignislose Geschichte des FC Bayern um ein skurriles Kapitel erweitert ist. Damals wandert Kahn, 38, auf den letzten Metern einer Karriere, die ihn nach Barcelona und Manchester und Madrid führte – in die Stadt, nicht den Vorort.
Beckenbauer kannte keinen einzigen Spieler
Am Abend des 10. April 2008 aber philosophiert dieser Abgesandte der Torwartkünste mit glasigem Blick: „Schon interessant, dass man 20 Jahre Europacup gespielt hat und das noch draufgesetzt bekommt. Der Fußball gehorcht Gesetzen, ich weiß nicht, wo die geschrieben werden. Wenn wir uns in zehn Jahren wiedersehen, sprechen wir nicht von Real, sondern von Getafe.“
Die zehn Jahre sind vorbei. Sprechen wir von Getafe. „Ich kenne keinen einzigen Spieler“, franzelt Beckenbauer. Der spricht seinerzeit auch noch viel, bevorzugt in Boulevardblättern oder als wortgewaltiger Fernsehkommentator, was wiederum, jagutähmsicherlich, den Boulevard bedient.
Als die Viertelfinal-Auslosung den FC Bayern mit Getafe zusammenbringt, sagt der Kaiser: „Das sind für mich Nobodies.“ Dass der durchaus prominente Michael Laudrup ihr Coach sei? „Wusste ich nicht…“