Tor in Augsburg, Elfer in Stuttgart, Ausgleich in Frankfurt: Am späten Samstagnachmittag, zwischen 17:18 Uhr und 17:22 Uhr, eskalierte die Bundesliga. Schade, dass eine Schlussphase dieser Art wohl schon bald unvorstellbar sein wird.
17:18 Uhr: „Tor in Augsburg!“
17:20 Uhr: „Elfmeter in Stuttgart!“
17:20 Uhr: „Tor in Augsburg!“
17:21 Uhr: „Tor in Bremen!“
17:22 Uhr: „Ulreich hat ihn!“
17:22 Uhr: „Tor in Frankfurt!“
Vier Minuten, vier Schauplätze, vier Tore, vier Entscheidungen: Wer an diesem Samstag Bundesliga schaute oder sich die Schlusskonferenz im Radio anhörte, kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. So spannend war das vermeintliche Premiumprodukt Bundesliga für Zuschauer seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gewesen, so gebannt saßen Fans, selbst wenn sie es überraschenderweise weder mit dem FC Ausgburg noch mit dem FSV Mainz halten, selten vor dem Fernseher. Was den einfachen Grund hatte, dass das, was man sich unter einer Bundesligakonferenz vorstellt, tatsächlich passierte. Oder, noch besser: Dass das, was man sich von einer Bundesligakonferenz erträumt, sogar auf die Spitze getrieben wurde.
Dann kann man sich auch einfach schlafen legen
Logisch, nicht jedes Wochenende können alle Spiele bis zuletzt auf der Kippe stehen, nicht jedes Wochenende kann Alfred Finnbogason gleich zweimal in der Nachspielzeit treffen. Außerdem kann auch keiner wollen, dass Schalke 04 in Zukunft regelmäßig im allerletzten Moment noch der Ausgleich gelingt. Aber: Etwas öfter als einmal im Jahr würden wir uns eine derart atemlose Schlussphase dann doch wünschen. Nur wird das in den kommenden Saisons nicht unbedingt wahrscheinlicher.
Über die Zerstückelung des Spieltags ist alles gesagt worden. Wirtschaftlich unbedingt notwendig sei diese, meinen die einen (vornehmlich die, die mit Fußball Geld verdienen). Absolut unzumutbar sei sie, meinen hingegen die anderen (vornehmlich die, die für Fußball Geld ausgeben). Fakt ist: Wenn an einem Samstag um 15:30 Uhr nur vier Spiele angepfiffen werden (wie in dieser Saison schon geschehen) und sieben der acht Teams in erster Linie nicht verlieren wollen, dann kann man sich an einem Samstag um 15:30 Uhr auch einfach schlafen legen. Und wer jetzt findet, die Konferenz sei eh nur etwas für Eventmenschen und Fußballkonsumenten, dem sei gesagt: Niemand sollte sich dafür schämen müssen, Augsburg gegen Freiburg nicht in der Einzelspieloption gucken zu wollen. Nicht mal Augsburg-Fans.
Neun Einzelspieloptionen am Stück
Dass zukünftige Generationen sich vermutlich irgendwann durch neun Einzelspieloptionen am Stück quälen müssen, um halbwegs am Ball zu bleiben, ist aus fußballromantischer Perspektive eine Katastrophe. Die Vorstellung, dass an diesem Samstagnachmittag nicht nur Finnbogason doppelt trifft, während Ulreich einen Elfer hält und Naldo Schalke rettet, sondern auch noch Pulisic Dortmund eskalieren lässt, Hannover zum gefühlt neunten Mal gegen Leverkusen ausgleicht und Hertha sich trotz Gegentor in der Nachspielzeit zu zehnt einen Auswärtssieg (!) sichert, und das eben alles gleichzeitig passiert, weil alle neun Partien um 15:30 Uhr angepfiffen wurden, ist dagegen zu schön, um wahr zu sein. Weswegen jeder Mensch froh sein sollte, der die Neun-Spiele-Samstagnachmittage noch miterlebt hat. Und weswegen wir froh sein sollten, wenn zumindest einmal im Jahr die Fünf-Spiele-Samstagskonferenz eskaliert. Denn in gar nicht so ferner Zukunft wird man derartige Erlebnisse nur noch vom Hörensagen kennen.