Sie treffen sich jährlich und planen den modernen Fußball. Wer genau hinhört, was die Mächtigen bei der Soccerex-Convention bereden, den packt das Grauen.
Ein bisschen was fürs Herz war auch dabei. Johan Cruyff wurde geehrt. Der große Niederländer, der im Mai 2016 qualvoll an Lungenkrebs gestorben war, erhielt posthum einen Award für sein Lebenswerk. Hollands Ex-Nationalspieler Wim Jonk, der Cruyffs Stiftung über dessen Tod hinaus weiterführt, nahm den Preis sichtlich gerührt entgegen. Das war auch schon alles an Fußball-Romantik auf der dreitägigen Global Soccerex-Convention 2017, die vor wenigen Tagen in Manchester über die Bühne ging. Der Rest war Geschäft. Großes Geschäft.
Soccerex – schon der Name der Veranstaltung hat etwas Beängstigendes: Soccerex klingt irgendwie nach Vernichtungsmittel. Und die mächtigen Menschen, die jährlich im Rahmen dieses Kongresses zusammenkommen, scheinen genau das vorzuhaben – die völlige Vernichtung des Fußballs, wie wir ihn kennen, schätzen und lieben. Gleich drei Tage lang tagen alljährlich zahllose Manager und Magnaten in Manchester, präsentieren beeindruckende Businesspläne, werben für irre Investitionen und versprechen rekordverdächtige Renditen. Zwischendurch ziehen sich die feinen Herren in feine Hinterzimmer zurück und unterhalten sich im kleinen Kreis – über noch viel größere Deals.
Er sagt „Soccer“ – es klingt wie „Sucker“
Auch in diesem Jahr waren berüchtigte Strippenzieher dabei wie der Amerikaner Charlie Stillitano. Dessen Unternehmen „Relevant Sports“ spielt allein mit der aufgeblasenen Sommer-Vorbereitungsturnier-Serie „International Champions Cup“ (mit Real Madrid, Manchester United, Bayern & Co.) inzwischen mehr als 150 Millionen Dollar pro Jahr ein. Das diesjährige Aufeinandertreffen von Real und Barca in Miami erbrachte laut Stillitano sogar einen Weltrekord in Sachen Ticketing-Einnahmen für ein einzelnes Sportereignis („Den Super Bowl mal ausgenommen“).
Doch Stillitano plant noch viel, viel Größeres. Sein Credo lautet: Soccer muss wachsen, wachsen, wachsen. Wenn er Soccer sagt, klingt das mitunter wie „Sucker“, aber das stört niemanden im Publikum. Alle nicken andächtig, als Stillitano vorrechnet, dass Europas Spitzenfußball, allen voran die Champions League, in den USA bereits die Eishockey-Liga NHL überholt habe. Als nächstes sei die Baseball-Liga MLB fällig, irgendwann in den nächsten Jahren. Aber – dafür müsse das Soccer-Business weiter gründlich globalisiert werden. Erneut andächtiges Nicken im Raum.
Der Poster-Boy der Gier
Stillitano ist in England kein Unbekannter. Er gilt als DER Antreiber im Streben nach einer europäischen oder gar weltweiten Super-Liga. In dieser lukrativen Elite-Spielklasse sollen Branchenriesen wie ManU, Chelsea, Real, Barca, Bayern oder PSG endgültig unter sich bleiben, ohne nervige nationale Verbände, ohne die lästige UEFA. Stillitano soll sich bereits mehrfach mit Vertretern der führenden Klubs getroffen und entsprechende Möglichkeiten erörtert haben. Eine englische Zeitung bezeichnete den Italo-Amerikaner als „Poster-Boy der Gier“.
Womöglich hatte Stillitano auch Geld im Sinn, als er bei der Soccerex in Manchester die Werbetrommel für eine Vergabe der WM 2026 an die Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko rührte. Das Ganze solle natürlich in einer Supersize-Version mit 48 Mannschaften über die Bühne gehen, findet der gelernte Radio-Journalist. Ein solches Mega-Turnier, da ist sich Stillitano mehr als sicher, „würde die profitabelste Weltmeisterschaft aller Zeiten werden“.