Ousmane Dembélé ist ab sofort der zweitteuerste Spieler der Fußballgeschichte. Warum eigentlich? Und ist Borussia Dortmund nun ein SC Freiburg für Reiche?
Wenn man gehässig wäre, könnte man von Ousmane Dembélé relativ problemlos Videos zusammenstellen, aufgrund derer ihn nicht einmal Jahn Regensburg unter Vertrag nehmen würde. Man sieht darauf einen jungen Mann, der während des Spiels entweder unbeteiligt in der Gegend herumspaziert und bemerkenswert lustlos wirkt oder aufgeregt irgendwo hinrennt, wohin er nicht hätte laufen sollen. An Dembélés guten Tagen kommt man von 90 Minuten auf vielleicht ein Viertelstündchen solcher Szenen, an schlechten Tagen sind es deutlich mehr.
Der FC Barcelona hat den Franzosen aber natürlich wegen der ganz anderen Szenen gekauft. In seinen besten Momenten erlebt man nämlich einen 20-Jährigen, zu dem das altmodische Wort „elektrisierend“ am besten passt. Dembélé kann einem Stadion einen Stromschlag verpassen, wenn er plötzlich ganz ungeheuerliche Dinge macht, die seinem Übermaß an Ballgefühl, Balance, Esprit und Speed entspringen. Dann sieht er so aus wie einer, der 2022 Weltfußballer werden könnte.
Der BVB hatte Glück
Man könnte also sagen, dass er gerade der zweitteuerste Spieler der Fußballgeschichte geworden ist, macht ihn zur größten Wette auf die Zukunft eines Spielers, die es jemals gab.
Inmitten des Ablösegezerres um Dembélé hat Dortmunds Boss Hans-Joachim Watzke mal gesagt, dass eine Transfersumme von 150 Millionen marktgerecht sei. Dann ist er vermutlich nach Hause gegangen und hat sehr lange gelacht. Schließlich kann es gut sein, dass Dembélé in Barcelona demnächst erst einmal auf der Bank sitzt. Und wie hoch wäre dann der angemessene Preis für Lionel Messi? Eine Milliarde?
Der BVB ist eine Art SC Freiburg für Reiche
Der BVB hatte das Glück, dass der FC Barcelona unbedingt die 222 Millionen Euro für Neymar unter die Leute bringen musste. Dieses Geld kam nur deshalb in den Markt, weil der katarische Staat, dem Paris St. Germain gehört, durch diesen spektakulären Transfer von seinen gravierenden politischen Problemen ablenken wollte. Es entspringt also nicht wirtschaftlichem, sondern politischem Kalkül. Deshalb ist es auch nicht wahrscheinlich, dass dieser Transferrekord so bald gebrochen wird.
Borussia Dortmund ist aber nicht zufällig beim großen Transferroulette dabei gewesen. Der Klub hat eine brillante Scoutingabteilung (Warum das so ist und wie eklatant dies deutlich wird, lest ihr hier »>), die entscheidend dazu beigetragen hat. Allerdings wird einmal mehr klar: De facto ist der BVB eine Art SC Freiburg für Reiche.
Dagegen ist nicht einzuwenden, aber..
Der FC Liverpool konnte Coutinho halten, um den Barcelona mit ähnlichen Summen warb, die Borussia nicht. Nach Dortmund kommen inzwischen Supertalente aus aller Welt, lassen sich veredeln und ziehen dann zu den ganz großen Klubs. Manche wie Kagawa und Götze kehren auch zurück, andere wie Lewandowski, Gündogan, Mhkitarjan oder Hummels nicht. Der nächste nach Dembélé wird vermutlich Pulisic heißen.
Vermutlich wird der Klub in den nächsten Tagen von irgendwo einen hypertalentierten Spieler verpflichten (für wahrscheinlich viel zu viel Geld, weil andere von den Dortmunder Profiteuren auch profitieren wollen), über den wir irgendwann zu staunen beginnen. Dagegen ist nichts einzuwenden, das ist so beeindruckend wie ehrenhaft.
Aber zu einem echten Herausforderer der Bayern wird man so nicht.