Typ der Saison: Ewald Lienen
Bei St.Pauli zeigte er, was ihn ausmacht: harte Arbeit und der Blick über den Tellerand
Wie Ewald Lienen tickt, lässt sich mit einer Anekdote erklären. 2011 reisten wir nach Bielefeld, um über den DSC Arminia zu schreiben. Lienen hatte den strauchelnden Zweitligisten in aussichtsloser Mission übernommen, es gab viel zu bereden. Irgendwann kam das Gespräch zufällig auf Mönchengladbach, wo Lienen einst die erfolgreichsten Zeiten seiner Spielerkarriere verbracht hatte. „Mönchengladbach“, sinnierte er. „Jetzt muss ich dir mal was über Mönchengladbach erzählen.“
Es folgte ein halbstündiger Vortrag über die „Beamtenstadt“ und was eine jahrzehntelange CDU-Regierung mit ihr gemacht habe. Die Zeit verrann … die schöne Bielefeld-Story. Aber egal: Denn exakt so ist Ewald Lienen. Ein im sympathischen Sinne verschrobener Freigeist, der den Fußball liebt, aber nach seiner davon unabhängigen Agenda lebt und das große Ganze, sprich: die gesellschaftlichen Zusammenhänge, nie aus den Augen verliert.
Genau so ist er auch seine Aufgabe beim FC St. Pauli angegangen und wirkte im Abstiegskampf fast noch souveräner als zuvor am anderen Ende der Tabelle. Dafür, ihn in heikler Lage nicht entlassen zu haben, gebührt auch dem Klub ein Preis. Mit Platz sieben haben beide die verdiente Belohnung bekommen.
Manager der Saison: Jörg Schmadtke
Kölns Sportdirektor ist der Mann mit der Zwangsjacke. er therapiert die harten Fälle
Wie bekloppt muss einer sein, der sich ständig der bekloppten Fälle annimmt? Der Werdegang des Managers Jörg Schmadtke liest sich, als therapiere der Mann zwanghaft neurotische Traditionsklubs: In Aachen bekam er es erst mit dem Gerichtsvollzieher zu tun, dann hievte er den Klub vom Tivoli mit Jungstars wie Ibisevic und Schlaudraff ins internationale Geschäft. In Hannover ertrug er kühl lächelnd die Hitze im Fegefeuer der Eitelkeiten zwischen Präsident Kind und Coach Slomka und machte den Abstiegskandidaten zum Europa-League-Teilnehmer, indem er gegen den Willen des Trainers No-Names wie Lars Stindl holte.
Sein Meisterstück gelang ihm beim 1. FC Köln. Mit ruhiger Hand navigierte er den Fahrstuhlklub aus der Krise, befriedete das Umfeld und zimmerte behutsam ein Team, das nach graumäusigen Jahrzehnten wieder sternenstaub umgibt: Timo Horn, Jonas Hector oder Marcel Risse sind Exponenten des neuen FC-Geföhls, für das der 53-Jährige verantwortlich zeichnet. Und das bewirkt hat, dass der Klub nach 25 Jahren wieder international spielt. in Hamburg indes fragen sie sich, wo der HSV wohl stünde, wenn sich der Aufsichtsrat 2013 nicht gegen Schmadtkes Verpflichtung entschieden hätte.