In der entscheidenen Phase der Saison hat der FC Bayern viel Pech. Aber dabei zeigt sich: Carlo Ancelotti hat die vernachlässigt, die ihm helfen könnten.
Die Bilder werden lange in Erinnerung bleiben: Philipp Lahms ins Gesicht gemeißelte Enttäuschung und seine Wortlosigkeit im Fernsehstudio. Mit leerem Blick kann den ewigen Funktionierer selbst das Lob von Mehmet Scholl, für das Lahm sich hilflos mit einer Umarmung bedankt, nicht trösten. 75 Prozent seiner Spiele hätte Lahm überragend gespielt, sagt Scholl, und die restlichen 25 Prozent Weltklasse. Das stimmt, beim 2:3 gegen Dortmund hatte Lahm allerdings nur überragend gespielt, weil ihm vor dem dritten Gegentor ein ungewohnter technischer Fehler passierte.
Dieser Fehler passte zu dem Pech, das der FC Bayern im Halbfinale des DFB-Pokals hatte. Man darf so was eigentlich kaum sagen, aber selbst der Rekordmeister und Namensgeber des „Bayerndusels“ hat eben manchmal Pech. Gegen Dortmund spielte Bayern die Mehrzahl guter Chancen heraus und verlor dennoch. Überhaupt waren die Münchner in der entscheidenden Phase dieser Saison vom Unglück verfolgt. Denn wie wäre das Spiel gegen den BVB oder wie wäre es in der Champions League gegen Real Madrid ausgegangen, wenn Robert Lewandowski im Bundesligaspiel gegen Dortmund nicht auf die Schulter gestürzt wäre? Wie wäre es mit einem gesunden Mats Hummels gelaufen, einem fitten Jerome Boateng und einem unbeeinträchtigten Javier Martinez?
Versagen ist ein großes Wort
Man sollte diese Konjunktive im Kopf behalten, wenn man über Carlo Ancelotti spricht – aber man muss über ihn sprechen. Denn das Pech, das seine Mannschaft hatte, zeigt auch das Versagen des Bayern-Trainers. „Versagen“ ist ein großes Wort, das hier nicht einfach so hingeschrieben sein soll über einen Trainer, der dreimal die Champions League gewonnen hat und in vier – vermutlich bald fünf – Ländern die Meisterschaft gewonnen hat. Aber das fehlende Glück machte eben auch offenbar, woran es der sympathische Italiener auf eklatante Weise hat mangeln lassen.
Zu Beginn dieser Saison kehrten vier Spieler des FC Bayern hochdekoriert von der Europameisterschaft zurück. Jeromé Boateng und Joshua Kimmich waren offiziell in die „Elf des Turniers“ gewählt worden. Renato Sanches, den die Bayern gerade frisch von Benfica Lissabon verpflichtet hatten, hatte im EM-Finale für den Sieger Portugal gespielt und war von der Uefa zum besten Nachwuchsspieler des Turniers gewählt worden. Für diesen Transfer wurde die Weitsicht der Münchner Transferpolitik genauso gelobt wie im Jahr zuvor als sie Kingsley Coman verpflichtet hatten. Der Franzose wurde bei der EM in seinem Heimatland Frankreich übrigens zum zweitbesten Nachwuchsspieler gewählt.
Als die Saison begann, schien vor allem Kimmich da weiterzumachen, wo er im Trikot der deutschen Nationalmannschaft aufgehört hatte. Bis Mitte Oktober hatte er schon acht Tore geschossen, doch dann verschwand er. Der damals noch 21-Jährige hatte keine schwere Verletzung, wie auch Coman und Sanches nicht. Die drei Youngster wurden einfach zu Nebendarstellern. Aber warum?