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Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Koope­ra­tion mit dem Tages­spiegel.

Wozu braucht Manuel Neuer eine intakte Schulter, wenn es mit den Füßen so gut geht? Die Frage hatte am Samstag durchaus ihre Berech­ti­gung. Es lief die 89. Minute, Hertha drängte gegen den FC Bayern auf den Aus­gleich. Ein weiter Ball kam in Rich­tung von Neuer geflogen. Der Tor­hüter eilte aus dem Straf­raum heraus, Wil­fried Kanga raste auf ihn zu, fest ent­schlossen, ihm den Ball abzu­luchsen.

Neuer aber lupfte das Spiel­gerät mit dem Fuß tech­nisch höchst anspruchs­voll über Her­thas Angreifer hinweg, ließ es nochmal ele­gant auf seinen Ober­schenkel tropfen und nahm es – wieder im Straf­raum ange­kommen – in die Hände. Wenig später pfiff der Schieds­richter die Begeg­nung ab. Bayern gewann das Spiel 3:2 und Manuel Neuer sehr viel Selbst­ver­trauen nach seinem Come­back. Rund vier Wochen war er wegen einer Schul­ter­eck­ge­lenks­ver­let­zung aus­ge­fallen.

Tor­hüter sind ein biss­chen zu Feld­spie­lern geworden

Ich habe das schon mal in der B‑Jugend gemacht“, erin­nerte sich Neuer später an die Szene. Dass derlei fuß­bal­le­ri­sche Künste bei ihm angeb­lich so weit zurück­liegen, ver­wun­dert ein wenig. Gilt der 36-Jäh­rige doch als Pro­totyp des mit­spie­lenden Tor­hü­ters.

Als Neuer sich vor knapp zehn Jahren zum Welt­tor­hüter auf­schwang, prägte er die fol­gende Gene­ra­tion an Kee­pern. Inzwi­schen ist der klas­si­sche Tor­hüter, der meist auf der Linie steht und sich wie etwa Neuers Vor­gänger Oliver Kahn vor allem durch seine Reflexe aus­zeichnet, nahezu aus­ge­storben. Tor­hüter sind auch ein biss­chen zu Feld­spie­lern geworden.

Selten hat jemand diese Rolle des mit­spie­lenden Tor­hü­ters über­zeu­gender aus­ge­füllt als Neuer bei der Fuß­ball-Welt­meis­ter­schaft 2014 in Bra­si­lien, bei der die deut­sche Natio­nal­mann­schaft bekannt­lich den Titel gewann. Das Tur­nier in Bra­si­lien war auch an diesem Samstag ein Thema.

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Bayern stehen wieder ganz oben

Schon in zwei Wochen steht die nächste WM an. Neuer erin­nerte sich, dass er vor dem Titel­ge­winn eben­falls mit Schul­ter­pro­blemen zu kämpfen hatte. Beim letzten Pflicht­spiele vor dem Tur­nier in Bra­si­lien, beim DFB-Pokal­fi­nale gegen Borussia Dort­mund, war er auf die rechte Schulter gefallen und hatte sich einen Kap­sel­riss zuge­zogen. Die WM stand für ihn auf der Kippe. Das hat Glück gebracht mit meiner Schul­ter­ver­let­zung“, sagte Neuer am Samstag.

Neuer brauchte nicht lange, um ins Spiel zu finden. Her­thas Dodi Luke­bakio, der einem der schnellsten Innen­ver­tei­diger der Liga, Dayot Upa­me­cano, immer wieder davon­sprin­tete, gab nach eben­sol­chem Lauf­duell schon nach vier Minuten einen ersten Warn­schuss ab. Neuer parierte sou­verän. Wenige Minuten später tauchte Ber­lins Angreifer Davie Selke gefähr­lich vor ihm auf. Wieder war er zur Stelle. Wichtig war für mich, dass ich nicht – wie das unter Pep (Guar­diola, Anm. d. Red.) früher der Fall war – erst in der 80. Minute gefor­dert wurde“, sagte er. So war ich schnell im Spiel und konnte mich aus­zeichnen.“ Hier und da würde es mal zwi­cken. Aber es ist alles in Ord­nung.“

Was für Neuer im Beson­deren gilt, trifft auf den FC Bayern Mün­chen im All­ge­meinen zu. Der Erfolg gegen Hertha war der achte Pflicht­spiel­sieg in Folge. Von einer Krise, wie sie die Münchner im frühen Herbst ereilt hatte, kann keine Rede mehr sein. Nun befindet sich der Rekord­meister wieder an der Tabel­len­spitze.

Am Ende immer noch Neuer

Dabei hatte der FC Bayern nach zuletzt glanz­vollen Auf­tritten keinen allzu guten Tag erwischt. Etwas über­rascht wirkten sie mit­unter von einer mutigen Ber­liner Mann­schaft. Als es nach knapp 40 Minuten 3:0 für die Münchner stand, rieben sich viele im Sta­dion die Augen. Wie konnte das pas­sieren? Selbst Bay­erns Trainer Julian Nagels­mann befand die Füh­rung zu dem Zeit­punkt als zu hoch.

Offen­sicht­lich herrschte bei der Münchner Mann­schaft in dieser Spiel­phase das Gefühl vor, dass der­zeit nichts schief­gehen kann, der Ball, auch wenn nicht viel zusam­men­läuft, irgendwie immer den Weg ins geg­ne­ri­sche Tor findet. Stell­ver­tre­tend dafür steht Eric Maxim Choupo-Moting, der seit Wochen trifft und dessen Tore zum 2:0 und 3:0 Bay­erns ver­stor­bene Mit­tel­stürm­er­le­gende Gerd Müller nicht stil­echter hätte erzielen können.

Doch das Gefühl täuschte. Hertha fand schnell zurück ins Spiel und war dem Aus­gleich in meh­reren Situa­tion recht nah. Häufig aber schei­terten die Ber­liner an sich selbst, indem der finale Pass schlampig gespielt wurde. Wenn die Hertha doch mal gefähr­lich vor das Bayern-Tor kam, stand ein abge­brühter Manuel Neuer im Weg.