Lottes Pokalheld Matthias Rahn traf gegen Werder, riss sich gegen Leverkusen das Kreuzband und stand dank mysteriöser Behandlung gegen 1860 München schon wieder auf dem Platz. Reicht es heute gegen Dortmund für die ganz große Sensation?
Matthias Rahn, wie sollen wir Sie nennen: Helmut, Alu – oder einfach Matthias Rahn?
(Lacht.) Am liebsten Matthias Rahn. Helmut wurde ich zu meiner Zeit bei Rot-Weiß Erfurt genannt, inzwischen sagen die meisten aber Matze. Nur unser Stürmer Bernd Rosinger nennt mich Alu – eine Anspielung auf Helmut Rahner (d.Red., ehemals KFC Uerdingen), der als eisenharter Verteidiger Alu genannt wurde.
Ihre Pokalsaison ist außergewöhnlich. In der ersten Runde trafen Sie beim 2:1 gegen Werder, in der zweiten erlitten Sie gegen Leverkusen einen Kreuzbandriss. Nur dreieinhalb Monate später spielten Sie wieder im Achtelfinale gegen 1860 München. Wie ist das möglich?
Ich habe mir die Verletzung gegen Leverkusen bei der letzten Aktion zugezogen. Bei der Diagnose am nächsten Tag ist für mich eine Welt zusammengebrochen. Ich habe das erste Mal gesehen, wie nah Freud und Leid beieinanderliegen: gerade noch der Sieg im Elfmeterschießen, dann diese Nachricht. Schon zweieinhalb Monate später habe ich aber wieder in einem Testspiel gespielt.
Weil Sie sich gegen eine Operation und für die Khalifa-Methode entschieden haben.
Das ist eine alternative Behandlung. Alle Ärzte haben mich für verrückt erklärt und gesagt, das sei eine medizinische Vollkatastrophe, aber ich wollte möglichst schnell wieder Fußball spielen. Also habe ich mich in Salzburg bei Herrn Khalifa behandeln lassen. Als ich dort ankam, musste ich meine Schuhe ausziehen und habe Hausschuhe bekommen. Das war etwas speziell. Dann kam Herr Khalifa, ein sehr weiser Mann, eine Respektsperson. Ich war ziemlich eingeschüchtert.
Wie lief die Behandlung?
Er hat mir Schmerzen zugefügt, eine Stunde und 20 Minuten lang. Am Anfang hat er mein Knie abgetastet, dann ist er mit vollem Druck reingegangen.
Also nicht nur Handauflegen und Hokuspokus.
Definitiv nicht, das war mehr als Hokuspokus. Ich hatte unmenschliche Schmerzen. Nach der Behandlung habe ich mich aber gut gefühlt. Dann ging die Nachbehandlung los. Ich habe den Quark-Vorrat im Supermarkt leergekauft. (Lacht.) Ich musste zwei Wochen lang nachts einen Quarkwickel um mein Knie legen, damit es abschwillt. Jeden Morgen hatte ich eine einzige Sauerei im Bett. Aber ich durfte schon von Anfang an lockere Läufe machen. Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, gegen 1860 München wieder zu spielen.
Das haben Sie geschafft.
Ja. Ich empfinde deswegen ein bisschen Genugtuung gegenüber den Skeptikern. Aber ich bin noch nicht über den Berg. Es ging alles gut, aber ich halte die Füße erst einmal still. Wenn ich auch in einem halben Jahr keine Beschwerden habe, sage ich, dass alles funktioniert hat.
Gegen Sechzig waren Sie auf Anhieb wieder in Topform. Nach dem Spiel sagten Ihre Mitspieler, der Sieg fühle sich selbstverständlich an. Empfanden Sie das auch so?
Ja. Auch die Stimmung nach dem Spiel in der Kabine war nicht so ausgelassen wie nach den Siegen gegen Leverkusen oder Bremen. Wir waren einfach das bessere Team.
Lassen Sie uns eine These aufstellen: Wer Werder, Leverkusen und Sechzig schlägt, der schreckt auch vor Dortmund nicht zurück.
Wir sind zumindest nicht chancenlos. Das soll nicht überheblich klingen, aber wir wissen, was wir können. Unser Trainer Ismail Atalan hat uns diese Siegermentalität eingebläut.