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Tor­wart: Manuel Neuer
Am Abend des 5. März 2008 musste ich fest­stellen, dass man sich tat­säch­lich auf gar nichts mehr ver­lassen kann. Bis zu diesem Tag war ich der fel­sen­festen Über­zeu­gung, dass es nie­mals einen bes­seren Tor­hüter geben könne als Peter Schmei­chel, den Rocky-Moun­tains-großen Dänen mit der Ivan-Drago-Gedächt­nis­frisur. Doch dann zeigte Schalke-Keeper Manuel Neuer im Rück­spiel des Cham­pions-League-Ach­tel­fi­nals gegen den FC Porto eine Leis­tung, die eigent­lich nur im vir­tu­ellen Raum mög­lich ist. Und auch nur, wenn man sich in nerdigen Foren alle Cheats zur aktu­ellen Kon­so­len­ver­sion von Fifa zusam­men­ge­räu­bert hat. Der reale Neuer hielt Bälle, die nicht zu halten waren. Zeigte Paraden im Stile eine durch­ge­knallten Hand­ball­tor­warts und fischte am Ende auch noch den per­fekt geschos­senen Elf­meter von Lisandro aus dem Winkel. Auf Portos Bank blickten Tarik Sek­tioui, Raúl Mei­reles und José Bosingwa kopf­schüt­tellnd ins Nichts. So etwas hatten sie noch nie erlebt. Und die Fans genauso wenig. Manuel Neuer stellte sich im Anschluss an diese Wun­der­partie vor die Kameras und bedankte sich erst mal bei seinem dama­ligen Tor­wart­kol­legen Toni Tapa­lovic, der ihm in den letzten Jahren allerlei ver­rückte Dinge gezeigt hatte. Das hatte Cha­rakter.

Im Laufe der Jahre wurde Neuer tat­säch­lich zum besten Tor­hüter der Welt. Im Cham­pions-League-Halb­fi­nale 2011 trieb er Man­chester United in den Wahn­sinn. Ryan Giggs, Chich­a­rito und Wayne Rooney tauchten in der ersten Hälfte jeweils allein­ste­hend vor Neuer auf und schei­terten. Es folgten leere Blicke, und in der Arena auf Schalke wit­terten die Fans die nächste Stern­stunde ihres Helden. Gegen Ende der ersten Hälte bezwang Rooney dann Neuer doch noch – aller­dings stand er im Abseits. Dass United am Ende mit 2:0 gewann, führte Trainer Alex Fer­guson auf der anschlie­ßenden Pres­se­kon­fe­renz allein auf dieses Abseitstor zurück. Seine Spieler hätten in diesem Moment gemerkt, dass man Neuer tat­säch­lich über­winden könne. Was für ein Rit­ter­schlag. Doch im Jahr 2011 tauchte Manuel Neuer plötz­lich und unver­hofft ab und trat nur noch als Keeper der Natio­nal­mann­schaft in Erschei­nung. Als Rah­men­meister des FC Schalke wird ihn nie­mand ver­gessen. Seit ein paar Jahren steht nun jemand im Tor des FC Bayern Mün­chen, der stark an Manuel Neuer erin­nert. Viel­leicht kann dieser Kerl eines Tages sogar noch besser werden als der Neuer aus dem Cham­pions-League-Ach­tel­fi­nale 2008. In Mün­chen nennen manche Leute diesen Jungen is heute Koan Neuer. Ich weiß auch nicht, was das heißt. Aber ich denke, es ist ein Kom­pli­ment.

Linker Ver­tei­diger: Andreas Brehme
Im zarten Alter von acht Jahren inter­es­sierte ich mich nicht für Taktik, Schule oder Busen – ich wollte ledig­lich wissen, wie man so gigan­ti­sche Ober­schenkel wie Andreas Brehme bekommt. Als er im WM-Ach­tel­fi­nale 1990 gegen Hol­land dann auch noch bewies, wie viel Gefühl in seinem linken Schlappen steckte, war ich end­gültig hin und weg. Mein Pro­blem: Auf den holp­rigen Rasen­flä­chen meines Hei­mat­dorfes war ich bereits zum lauf­faulen Rechtsfuß geschult worden, Beid­füs­sig­keit galt damals noch als Stre­ber­krank­heit. Also arbei­tete ich lieber am Pro­jekt Mons­ter­ober­schenkel, hüpfte Stroh­ballen hinauf, per­fek­tio­nierte im hei­mi­schen Garten den Enten­gang und hockte mit der stoi­schen Ruhe eines tibe­ta­ni­schen Mönchs­or­dens in Kack­stuhl­hal­tung an den Häu­ser­wänden meiner Straße bis die auch die letzte Mus­kel­faser um Gnade win­selten. Gefühl im Fuß bekam ich dadurch nicht, aber immerhin mäch­tige Stampfer. Dass ich damit nach­haltig meine Kar­riere als Groß­stadt­hipster ver­sauen würde, war mir aller­dings nicht klar. Bis heute muss ich beim Bein­kleid auf sack­ar­tige Rie­sen­hosen zurück­greifen, in engen Hosen sehe ich aus wie eine geplatzte Tee­wurst. Danke dafür, Andreas Brehme.

Innen­ver­tei­diger links: Jaap Stam
Hätte ich als Stürmer dar­über ent­scheiden müssen, ob ich in den fol­genden 90 Minuten mit ver­bun­denen Händen in einem Becken voller Sal­pe­ter­säure gegen wilde Kro­ko­dile kämpfen oder den gal­ligen Atem von Jaap Stam im Nacken spüren wollte, ich hätte eine Minute später in Bade­hose am Becken­rand gestanden. Stam paarte die phy­si­sche Domi­nanz einer Nas­horn­herde mit der Kom­pro­miss­lo­sig­keit eines kolum­bia­ni­schen Kil­ler­kom­mandos. Dass er auch noch eini­ger­maßen pas­sabel mit dem Ball umgehen konnte, sehe bis heute als Beweis dafür, dass Gen-Expe­ri­mente in einigen Nach­bar­staaten offenbar doch erlaubt sind.

Innen­ver­tei­diger rechts: Paolo Mal­dini
Mein Gott, war dieser Mann ele­gant. Mein Gott, war dieser Mann treu. Mein Gott, war dieser Mann ein Welt­klas­se­ver­tei­diger. Beim Abscannen meines nahezu lücken­losen Erin­ne­rungs­ver­mö­gens fällt mir nur eine Szene ein, in der Paolo Mal­dini mal die Kon­trolle über die Situa­tion ver­loren hat. Nein, ich meine nicht die Tränen bei seiner x‑ten Ehren­runde nach seinem letzten Spiel. Nach 25 Jahren im Milan-Trikot. Ich meine den Satz: Ich bin froh, keiner von ihnen zu sein“, den er nach jene Ehe­ren­runde im San Siro in eine Kamera sagte und damit Teile der Milan-Fan­szene brüs­kierte. Die hatte Minuten zuvor ein Banner zu Ehren Mal­dinis hoch­ge­halten, auf dem stand: Danke Kapitän! Auf dem Feld eine alters­loser Cham­pion. Aber du hast zu wenig Respekt vor denen, die Dich reich gemacht haben!“ Und wer 25 Jahre lang auf Welt­klas­se­n­i­veau spielte und nach seiner letzten Partie noch das Feuer hat, den eigenen Fans ans Bein zu pin­keln, der hat Eier. Und Eier kann man immer gut gebrau­chen.

Rechter Ver­tei­diger: Cafu
Rom im Jahr 2001. Mit langen Haaren und den letzten Akne­kra­tern im Gesicht schlen­derte ich mit einer Horde bei­nahe genauso uncooler Mit­schüler durch die ewige Stadt. Doch statt mir alte Gemäuer, noch ältere Aus­gra­bungs­stätten und noch viel ältere Bilder anzu­schauen, suchte ich an jeder Stra­ßen­ecke nach einem flie­genden Händler, der mir Tickets für das abend­liche Spiel zwi­schen dem AS Rom und dem AC Flo­renz ver­kaufen konnte. Ich fand jemanden und stand Stunden später im Stadio Olim­pico. Roma-Anhänger jagten Feu­er­werks­körper durch das Rund, Fio­ren­tina-Fans traten die Ple­xi­glas­scheiben ein, die sie ein­kes­selten, ich stand mit offenem Mund mit­ten­drin und schaute einem Mann bei seiner Demons­tra­tion des modernen Außen­ver­tei­di­ger­spiels zu. Einem Mann, so alterslos wie seine Frisur, mit einem Namen wie ein fern­öst­li­cher Hand­kan­ten­schlag, Teil der legen­däre Roma Meis­ter­mann­schaft von 2002 um Fran­cesco Totti, Gabriel Bati­stuta, Aldair, Marco Del­vec­chio und Emerson. Cafu glitt wie auf Gleisen über seine rechten Außen­bahn. Offensiv nicht auf­zu­halten, defensiv schier unüber­windbar, dabei stetig grin­send wie ein freund­li­cher Groß­vater. Er war so gar nicht bra­si­lia­nisch wie all die Sah­ne­tech­niker, Allei­ni­kovs und Magier vom Zuckerhut, die mich schon in der Bun­des­liga ermüdet hatten. An diesem Abend wurde ich ein Jünger Cafus, kaufte mir tags darauf ein bil­liges Trikot-Replikat mit seinem Namen auf dem Rücken, das ich bis heute manchmal heim­lich aus der Kom­mode fin­gere und über­streife.