Unser Newcomer der Saison – der Mittelfeldspieler Julian Weigl von Borussia Dortmund – hat Patrick Owomoyela vergangene Saison ganz schön beeindruckt.
Nun ist es eigentlich nicht völlig ungewöhnlich, dass gerade junge, unbekümmerte Spieler bei einem neuen Klub und in einer neuen Liga gleich gut hineinfinden. Doch Julian Weigl hat aus meiner Sicht in seiner ersten Bundesligasaison gleich Unfassbares geleistet. Für das Spiel auf seiner Position braucht man idealerweise ein großes Spielverständnis, man muss Räume sehen und Bälle erahnen können, bevor es gefährlich werden kann. Ein Sechser muss das Spiel lesen können, um zu erkennen, was der Gegner vorhat und die richtigen Räume zuzulaufen. Für all das bringt Julian ein überragendes Talent mit, denn er versteht das Spiel, ist wach, hat ein Gespür für den Raum und das Timing.
Weigl glänzt bei der Ballverlagerung
Obwohl er recht schlaksig ist, hat er in Zweikämpfen auch die Präsenz, die im defensiven Mittelfeld nötig ist. Wenn er dann am Ball ist, hat er immer wieder gute Ideen, vor allem bei der Ballverlagerung. Dazu muss man das ganze Spielfeld im Auge behalten und wissen, was auf der ballabgewandten Seite des Platzes passiert. Man kann im Fußball viele Mängel durch Fleiß ausgleichen, aber wenn so eine Übersicht fehlt, wird es schwierig. Julian hat sie, denn er ist ein ausgezeichneter Beobachter und Stratege. Ein Leader mag er noch nicht sein, aber seine Mitspieler werden auf dem Platz immer im Kopf haben: Den kann ich anspielen, der hat eine Lösung.
Gerade einmal 20 hat er vergangene Saison schon 51 Pflichtspieler absolviert
Was mich aber besonders für ihn eingenommen hat, ist seine enorme Konstanz. Julian ist gerade einmal 20 Jahre alt und hat für Borussia Dortmund in der letzten Saison nicht weniger als 51 Pflichtspiele gemacht, davon 42 in der Startaufstellung. Dass seine Leistungen dabei kaum Schwankungen aufwiesen, ist in seinem Alter extrem ungewöhnlich. Denn wie oft haben wir erlebt, dass junge Spieler nach einem guten ersten Halbjahr die Orientierung verlieren. Wenn man nämlich so positiv besprochen wird, wie das bei Julian Weigl der Fall war, muss man das Ganze richtig einordnen können. In der Winterpause findet man sich als junger Mann plötzlich in Ranglisten weit vorne wieder, es gibt die ersten Transfergerüchte. So etwas kann die eigene Wahrnehmung verändern: Man versucht auf dem Platz plötzlich mehr, als man ist, und schon steckt man in der Formkrise.
Das alles war bei Julian nicht der Fall. Er hat weiter sehr ruhig und sachlich gespielt und das bei einem Verein, wo sehr viel Druck auf ihm gelastet hat. Den gab es nämlich in Dortmund nach einem Jahr, das nicht so gut war. Julian wird in Zukunft noch extremer wahrgenommen und kritisiert werden. Deshalb werde ich nicht auch noch eine Schippe drauflegen, was die Erwartungen an ihn betrifft. Aber ich bin fest überzeugt: Von ihm wird noch sehr viel Positives kommen.