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Es gehört zu den ange­nehmen Seiten dieses Jobs, dass man relativ häufig in der Welt­ge­schichte her­um­tin­gelt und dabei mit­unter an schönen und außer­ge­wöhn­li­chen Geschichten Teil­haben kann.

Als sich im Früh­sommer die größte Sen­sa­tion der jün­geren Fuß­ball­ge­schichte anbahnte, und das aus­ge­rechnet in Lei­cester in den grauen East Mid­lands in Eng­land, besuchte ich für einige Tage dieses doch recht über­schau­bare Städt­chen, um zu sehen, was es mit den Men­schen vor Ort macht, wenn ihr Grauer-Maus-Verein sich plötz­lich auf­schwingt, die Pre­mier League zu gewinnen, allen Gesetz­mä­ßig­keiten des Geschäfts zum Trotz.

In Lei­cester traf ich auf Men­schen zwi­schen Euphorie und Ungläu­big­keit, die mir im Lichte der sich anbah­nenden Sen­sa­tion mit einer Wärme begeg­neten, die ich selten erlebt habe.

Das ist nicht nur Fuß­ball. Das ist alles“

Einer, ein junger, stäm­miger Kerl namens Liam, der ansonsten nicht unbe­dingt den Ein­druck machte, als begegne er der Welt und ihren Eigen­arten son­der­lich emo­tional, rang in unserem Gespräch beständig um Fas­sung, erklärte, ohne zu erklären, malte Gesten in die Luft, als könne er die Sen­sa­tion so zu fassen bekommen, gleich mehr­mals ver­sagte ihm dabei die Stimme.

Das ist nicht nur Fuß­ball. Das ist alles“, sagte er schließ­lich. Das ist die ganze Welt. Das sind die 99 und das eine Pro­zent. Die Kleinen, die sich gegen die Großen auf­lehnen. Für uns alle.“

Bereits in den Wochen vor der sen­sa­tio­nellen Meis­ter­schaft ließ sich ein inter­es­santes Phä­nomen beob­achten: Men­schen aus der ganzen Welt, die absolut kei­nerlei Ver­bin­dung zum an sich eher glanz­losen Klub Lei­cester City hatten, freuten sich mit dem Underdog über dessen Schnipp­chen, das er den Großen zu schlagen sich anschickte und schließ­lich auch schlug.

Man konnte in dieser über­bor­denden Anteil­nahme etwas sehen, wenn man wollte: Eine Reak­tion von Fuß­ball­fans und –inter­es­sierten auf die Vor­her­seh­bar­keit der Dinge im Welt­fuß­ball. Eine Reak­tion, die bei der Euro­pa­meis­ter­schaft ihre Fort­set­zung findet.

Selten war eine Euro­pa­meis­ter­schaft derart geprägt von ihren Under­dogs. Gerade erst haben sich die Isländer aus dem Tur­nier ver­ab­schiedet, deren Spieler mit den Tränen kämp­fend vor ihrer weiß-blauen Kurve standen und traurig und stolz zugleich ihren Schlachtruf HUH!“ riefen, und die sich in ein paar Tagen viel­leicht damit über ihr Aus hin­weg­trösten können, dass es von Sym­pa­thie­be­kun­dungen aus aller Welt begleitet wurde.

Selbst die Albaner wurden wie Volks­helden emp­fangen

Mit den Nord­iren war zuvor ein anderes Über­ra­schungs­team sen­sa­tio­nell ins Ach­tel­fi­nale ein­ge­zogen, deren fei­er­wü­tige Fans dem Tur­nier mit Will Grigg’s on fire“ einen wun­derbar blö­de­ligen Sound­track ver­passt hatten und – ebenso wie die Iren – zu den lau­testen, lus­tigsten, besten Fans des Tur­niers gehörten.

Die Albaner mussten bereits nach der Vor­runde den Heimweg antreten, in Tirana wurden sie trotzdem wie Volks­helden emp­fangen, weil sie sich ins­ge­samt sehr achtbar aus der Affäre gezogen und Grup­pen­gegner Rumä­nien sogar geschlagen hatten.

Der Jubel­sprint des Sieg­tor­schützen Armando Sadiku gehört zu den ein­präg­samsten Bil­dern der EM, ebenso wie das Ver­sinken des unga­ri­schen Stür­mers Adam Szalai in einem Meer aus Armen in der Fan­kurve, als er ein Tor erzielt hatte, mit dem nie­mand, wahr­schein­lich nicht mal er selbst, gerechnet hatte.