Nach zehn Niederlagen in elf Spielen feuert Hannover 96 seinen Trainer Thomas Schaaf. Das schnelle Ende einer völlig verkorksten Liaison.
Es gibt keinen Trainer, dem sich die unsteten Winde, die im deutschen Profifußballgeschäft wehen, tiefer in die Gesichtszüge gebrannt haben, als Thomas Schaaf.
Wie ein knorriger Seebär versieht er die lästige Pflicht vor dem Mikrofon. Wo Jürgen Klopp jeden Zweifel vor einem schweren Spiel weggrient, scheint er Schaaf wie ein Mühlstein um den Hals zu hängen und nach unten zu ziehen. Schon zu Zeiten, als er den SV Werder noch Meisterweihen führte, wirkte er trotz Siegesserien und atemberaubendem Angriffsfußball oft missmutig.
Wie Kapitän Ahab, der auf dem Rücken von Moby Dick steht und dem Wal die Harpune in die Eingeweide rammt, den Triumph vor Augen und doch gewahr, dass ihn die Bestie nun mit sich in die Tiefe reißen wird.
Im Erfolgsfall wirkt ein Coach mit Schaafs Außenwirkung außergewöhnlich. Ein echter Typ. Charakteristisch. Unverwechselbar. Mystisch und magisch zugleich. Der Betrachter fragt sich: Wie kriegt ein Schrat wie der es bloß hin, hochbegabte Exzentriker zur Einheit zu verschmelzen?
Am Ende auch hilflos
Bleiben die Ergebnisse jedoch aus – das war in den Wochen seit dem Jahreswechsel in Hannover in selten dagewesener Form zu besichtigen – verpufft diese hintergründige Aura und der Betreffende kommt mit einem Mal nur noch glück‑, rat- und , ja, am Ende auch hilflos rüber.
Vor der Kamera in der Mixed-Zone haben nach Niederlagenserien schon viele an Spannkraft und Charisma verloren. Dennoch kennzeichnet die Geschichte von Thomas Schaaf an der Leine eine besondere Tragik. 96-Boss Martin Kind und Manager Martin Bader setzten diesem traurigen Schauspiel nun ein vorzeitiges Ende.
Das 0:3 gegen den HSV war die zehnte Niederlage im elften Spiel des einstigen Meistermachers vom SVW. Erneut startete Hannover wie ein Düsenjet in die Partie, spielte anfangs wie ein ambitionierter Euro-Ligist, und rammte am Ende doch wie ein Papierflieger unangespitzt in den Boden.
Nach dem Führungstreffer der Hamburger war jegliches Engagement flöten gegangen. Schaaf hatte seinen Spielern zwar vermittelt, wie sie beherzt nach vorne spielen, den verunsicherten Abstiegskämpflern aber auch defensiv Stabilität zu geben, war ihm in seiner Zeit nie recht gelungen.
Offenbar hat nicht allzu viel gepasst
Noch in der vergangenen Woche hatte er – zu dessen pädagogischen Instrumentarium es sonst sicher nicht gehört, seine Akteure an den Pranger zu stellen – gemahnt, wie es denn sein könne, dass siebzehn Leute im Betreuerstab alles Erdenkliche für die Mannschaft täten, die elf Männer auf dem Platz aber nicht erkennen ließen, dass auch sie bereit seien, diesen immensen Aufwand im Spiel auch in Zählbares zu verwandeln.
Ein spätes Indiz, dass offenbar nicht allzu viel gepasst hat zwischen dem teuren, aber uneinheitlichen Kader und dem knotigen Individualisten auf der Bank. Bereits vor Tagen wurde bekannt, dass Schaaf der Mannschaft im Falle eines Abstiegs nicht folgen würde. Da die zweite Liga nach der neuerlichen Niederlage gegen die Hanseaten nur schwerlich noch abgewendet werden kann, zogen die Funktionäre die logische Konsequenz.