Heute Abend treffen Hannover 96 und Eintracht Frankfurt aufeinander. Not und Elend im Vergleich – in fünf Kategorien.
1. Die Trainer
Thomas Schaaf
Hat Werder Bremen einst aus der Depression der späten Neunziger zu den ganz großen Erfolgen geführt, um den Verein 2013 so zu hinterlassen, wie er ihn 1999 übernommen hatte – in der Abstiegszone. Dass Schaaf nicht unbedingt der Trainer ist, der seinen Spielern gegenüber den Kumpel raushängen lässt, zeigte er bereits vergangenes Jahr eindrucksvoll bei Eintracht Frankfurt.
In Hannover wäre zu Beginn der Rückrunde möglicherweise genau dieses Fingerspitzengefühl vonnöten gewesen, um eine verunsicherte Mannschaft aufzurichten. Stattdessen holte Schaaf mit Hugo Almeida einen Spieler aus einer Zeit, in der er noch als genialer Offensiv-Trainer galt. Seiner Linie ist der 54-Jährige bei Hannover 96 treu geblieben, konnte jedoch, und das ist die wahre Enttäuschung, kein Team auf die Beine stellen, das zumindest ab und an in der Lage ist, mehr Tore zu erzielen als zu bekommen. Schaaf hat bei Hannover 96 bisher auf ganzer Linie enttäuscht und muss wie der ganze Verein aufpassen nicht früher oder später zu einer grauen Maus zu werden – in der zweiten Liga.
Niko Kovac
Als Ablösung für Armin Veh holte Eintracht Frankfurt die Kovac-Brüder und ging ein extrem hohes Risiko ein. Cheftrainer Niko Kovac hat die Mehrheit seiner Erfahrungen als Trainer bei der kroatischen Nationalmannschaft gesammelt, der Alltag in der Bundesliga ist ein anderer. Kovac musste sich schon bei der WM 2014 einen Mangel an taktischer Handschrift vorwerfen lassen, die Kroaten schieden in der Vorrunde aus.
Dennoch: Frankfurt suchte einen Trainer, der die Mannschaft, die sich unter Veh mehr und mehr halbschläfrig präsentierte, aufwecken kann. Hierfür könnte Kovac, der stark auf Emotionen setzt, der richtige sein. Ob aufmunternde Kabinenansprachen jedoch heutzutage ausreichen, um an sieben Spieltagen mehr Punkte zu sammeln als Augsburg, Bremen, Darmstadt und Hoffenheim?
2. Die taktische Ausrichtung
Hannover
Taktisch gesehen steht das Hannover-Konstrukt auf äußerst wackeligen Beinen. Lange Zeit versuchten die Niedersachsen verzweifelt, Schaaf-Fußball zu spielen und die Rettung in der Offensive zu suchen. Nachdem dort allerdings mit Charlison Benschop der einzige wirklich torgefährliche Hannoveraner Stürmer aus der Hinrunde ausfällt, Außenspieler Uffe Bech seine Form verloren hat und Winter-Zugang Hugo Almeida offenbar weiterhin nicht das Niveau für die Startelf hat, fehlt es offensiv an Durchschlagskraft.
In den letzten Partien erschien Hannovers Spiel mehr oder weniger ohne System stattzufinden, einmal wurde Schaafs Mannschaft sogar für ihre rein reagierende Ausrichtung belohnt: Beim glücklichen Sieg in Stuttgart erreichte die Defensive zumindest annährend Normalform, vorne reichten zwei Tore nach Standards. Alles in allem gesehen muss man jedoch feststellen: In puncto Taktik hat so mancher Zweitligist deutlichen Vorsprung auf die Hannoveraner.
Frankfurt
Das Problem von Eintracht Frankfurt in der bisherigen Saison war der schlichtweg fehlende Spielstil. Während Mannschaften wie der FC Ingolstadt (hohes, laufstarkes Angriffspressing) oder Mainz 05 (effizientes Umschaltspiel) eine konkrete Spielweise verfolgen, mit der sie den meisten auf dem Papier favorisierten Gegnern gefährlich werden können, hat die Eintracht große Probleme damit, konsistent aufzutreten. Unter Veh wechselte man wöchentlich zwischen den Systemen – heraus kam nur Verwirrung. Mal waren lange und hohe Bälle das bevorzugte Mittel, im nächsten Spiel setzte man dann auf Konter oder versuchte zu pressen.
Die Frage ist, ob Niko Kovac im Stande ist, die spielphilosophische Armut bei der Eintracht zu beenden. Gegen das spielstarke Gladbach setzte er auf ein dichtes Mittelfeld, das den gegnerischen Spielfluss unterbinden sollte, es fehlten allerdings gezielte Aktionen nach vorne. Mit Hannover wartet auf die Frankfurter ein Gegner, der recht wenig zum Spiel beitragen wird. Die SGE dürfte an der Reihe sein, das Spiel zu machen, und Kovac muss sich dafür etwas mehr einfallen lassen als bei seiner Premiere.
3. Die Stimmung
Hannover
Auch wenn die Schlagzeilen über Hannover-Fans, die die Trikots der eigenen Mannschaft einsammelten, sich als falsch erwiesen, ist das Verhältnis von Anhängern und Verein stark beschädigt. Die Niedersachsen spielten bereits in der Hinrunde unter Frontzeck desolat und meistens mit Pfiffen von den eigenen Rängen im Rücken. Als die Wende unter Schaaf ausblieb, reagierten die Fans teilweise mit Galgenhumor.
Nach vergebenen Torchance etwa reagierte das Hannoveraner Publikum häufig nicht mehr enttäuscht, sondern vielmehr höhnisch. Die von den langjährigen Diskussionen um Martin Kinds Pläne mit dem Verein belasteten Anhänger haben, so der Eindruck von außen, bereits resigniert und sich mit dem Abstieg fast schon abgefunden.
Frankfurt
Die Stimmung in Frankfurt war unter Trainer Armin Veh im Keller angelangt. Zu hoch waren die Erwartungen an die Mannschaft vor der Saison gewesen, Veh hatte sich mit mutigen Aussagen („Der beste Kader, den ich bei der Eintracht trainiert habe“) eine enorme Fallhöhe aufgebaut, die ihn am Ende seinen Job kostete.
Auf die „Armin, geh!“-Rufe der letzten Wochen reagierten die Vereinsbosse nun mit dem Trainerwechsel, Niko Kovac könnte mit seinem von Emotionen geprägten Coaching in der Kurve gut ankommen. Er und die Mannschaft könnten mit einem guten ersten Heimauftritt gegen Hannover für Aufbruchsstimmung sorgen.