Früher war Andreas Mösli Punk und spielte mit seiner Band „Abriss“ in besetzten Häusern. Heute ist er Geschäftsführer des Schweizer Zweitligisten FC Winterthur – auch dank Peter Knäbel.
Andreas Mösli, Sie waren in den achtziger Jahren ein Punk in Winterthur. Wie muss man sich diese Zeit vorstellen?
In Winterthur gab es eine ausgeprägte Subkultur und linke Szene. Aber wir hatten als Jugendliche keine Clubs oder Räume, in denen wir uns ausleben konnten. Wir fingen schließlich an, leerstehende Häuser zu besetzen. Es war eine spannende Zeit. In den Nächten haben wir Feiern und Konzerte organisiert. Ich spielte auch selbst mit meiner Band namens „Abriss“. Jeder von uns ist schon ein gewisses Risiko eingegangen.
Was meinen Sie damit?
Als Punk im Teenageralter musste man bei Stadtfesten schon aufpassen, nicht verdroschen zu werden. Außerdem kontrollierten uns die Polizisten mehrmals am Tag. Das war ein doofes Spielchen. Wer in den achtziger Jahren nicht zu den Etablierten gehörte, galt gleich als Kommunist. Dann wurden Scheiben eingeschlagen oder Farbbeutel geworfen. Die Polizei reagierte mit einer wahren Verhaftungswelle.
Mussten auch Sie ins Gefängnis?
Nein. Ich war organisiert in einer trotzkistischen Partei, die sich immer von Gewalt distanziert hat. Da gab es heftige Diskussionen mit den Leuten aus der Anarcho-Szene. Ich glaube eben nicht, dass man mit Gewalt irgendetwas erreicht. Durch den friedlichen Protest bewegten wir die Stadt immerhin dazu, Räumlichkeiten für Jugendliche zu stellen.
Wie wird ein ehemaliger Hausbesetzer dann Vereinsgeschäftsführer?
Ich stand mit vielen Freunden in der sogenannten „Bierkurve“ im Stadion. Wir waren ein Haufen Alternativer, statt „Hoch die internationale Solidarität“ sangen wir „Hoch den Winterthurer Fußballverein“. 2002 war der Klub dann hoch verschuldet. Wir organisierten eine Soli-Party für die Rettung, die dem Verein 15 000 Schweizer Franken einbrachte. Gleichzeitig bot ich an, ein ganzes Jahr lang gratis für den Klub zu arbeiten.
Wie kamen Sie darauf?
Mir liegt der Verein nun einmal am Herzen, und hier ging es um das Überleben des FC Winterthur. Ich konnte es mir damals leisten, ein Jahr lang ohne Bezüge zu arbeiten: Ich hatte Zeit und Erspartes.
Wie reagierten die Verantwortlichen?
Sie waren zunächst skeptisch, aber ich hatte einen wichtigen Fürsprecher: Peter Knäbel, den heutigen HSV-Sportdirektor. Er war damals Manager beim FCW. Knäbel kannte aus seiner Zeit auf St. Pauli das Modell, Fans in die Vereinsarbeit einzubinden. Für mich war das eine einmalige Gelegenheit, weil sich der Klub komplett neu aufstellte.
Was war Ihr Plan?
Ich bin ja nicht allein der FCW. Aber ich wollte eine Fankultur etablieren, die den Leuten Raum und Verantwortung gibt. Das Stadion sollte wie eine erweiterte Stube sein. Wir kultivierten mit einem Augenzwinkern unser Verliererimage. Nach der Pleite mussten wir mit acht Punkten Abzug in die Saison starten. Wir feierten eine Party, bei der „DJ Minus 8“ auflegte.