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Peter Stöger, ist es besser ein großer Fisch in einem kleinen Teich zu sein oder ein kleiner Fisch in einem großen?
Beides hat seinen Reiz. Ich glaube, dass sich große Fische in einem kleinen Teich eher wichtig vor­kommen und das auch aus­leben möchten. Meinem Wesen ent­spricht das nicht unbe­dingt. Als kleiner Fisch mit Raf­fi­nesse im großen Teich was zu errei­chen, liegt mir näher. Aber warum fragen Sie?

Als Spieler in Öster­reich hatten Sie mehr­fach Ange­bote aus dem Aus­land, warum haben Sie sich stets gegen den großen Teich ent­schieden?
Ein Angebot kam 1992 von Ein­tracht Frank­furt, als ich 26 Jahre alt war, im besten Fuß­ball­alter also. Die Ein­tracht unter Ste­pa­novic mit Yeboah, Stein und Co war eine gute Adresse und suchte einen Nach­folger für Andreas Möller. Aber dort wäre ich wirk­lich der kleine Fisch gewesen.

Warum?
Das wurde mir klar, als Andy Herzog zur glei­chen Zeit zu Werder Bremen wech­selte. Wenn man die Ange­bote ver­glich, war das bei mir nach dem Motto: Wenn das mit Stöger funk­tio­niert, prima, wenn es nicht funk­tio­niert, ist das Risiko nicht sehr groß gewesen.

Und Sie sind im kleinen Teich geblieben.
So klein war er damals nicht. Ich war gerade mit Aus­tria Wien Meister geworden und konnte in der Cham­pions League spielen. Wir waren damals immer knapp davor, unter die letzten Acht zu kommen. Das war ganz großes Kino und eine ganz andere Situa­tion als heute, wo sich kaum mehr eine öster­rei­chi­sche Mann­schaft für die Cham­pions League qua­li­fi­ziert.

In Öster­reich wurden Sie trotzdem von allen Seiten scharf kritisiert.Sie haben damals sogar gesagt: Ich bin der Depp der Nation.“
Die Leute meinten, ich traue mir das nicht zu. Aber letzt­lich habe ich nicht das Gefühl, etwas Großes ver­passt zu haben. Ich habe ins­ge­samt knapp 60 Euro­pacup- und 65 Län­der­spiele gemacht, also nicht nur Lari­fari in Öster­reich her­um­ge­spielt. Als mit 1860 Mün­chen noch einmal eine wei­tere Mög­lich­keit kam, in die Bun­des­liga zu wech­seln, war die Situa­tion ganz anders. Das Angebot war ok, aber im Winter 1998 habe ich mich auf­grund der anste­henden WM in Frank­reich doch dazu ent­schieden, in Öster­reich zu bleiben.

Sie haben damit zur letzten öster­rei­chi­schen Natio­nal­mann­schaft gehört, die an einer WM-End­runde teil­ge­nommen hat. Den­noch und trotz Ihrer vielen Län­der­spiel­ein­sätze hieß es immer, in der Natio­nal­mann­schaft seien Sie unter Ihren Mög­lich­keiten geblieben. War das so?
Für die ersten rund 30 Län­der­spiele stimmt das. Mag sein, dass es an mir gelegen hat oder dass die Mann­schaft noch nicht so weit war. Aber zum Ende hin war ich schon einer der wich­tigeren Spieler. Ich finde auch, dass 15 Län­der­spiel­tore für einen Öster­rei­cher nicht so schlecht sind, schon gar nicht für einen Mit­tel­feld­spieler.

Der große Ernst Happel hat viel von Ihnen gehalten. Er hat aber auch gesagt, Sie hätten Ihr volles Poten­tial nie ganz ent­falten können, weil Sie zu hohe Erwar­tungen an sich selbst gestellt und dann ver­krampft hätten.
Ich habe schon ver­sucht, mit mir erst dann zufrieden zu sein, wenn mir ein Spiel auch Spaß gemacht hat. Viel­leicht hat mich das in irgend­einer Weise gehemmt.

Das klingt aber seltsam: Ihr Ziel war Spaß und das hat Sie gehemmt?
Mit Spaß meine ich: Dass ich zufrieden sein konnte mit meinem Spiel. Neu­deutsch würde man viel­leicht sagen: Wenn ich wirk­lich in den Flow“ gekommen bin. Aber alles in allem finde ich meine Kar­riere im Nach­hinein für einen öster­rei­chi­schen Fuß­ball­spieler schon in Ord­nung. Ich habe an einer Welt­meis­ter­schaft teil­ge­nommen, habe in der Cham­pions League gespielt und mit Rapid Wien in einem Euro­pacup-Finale. Damit bin ich zufrieden.

Wenn Sie den Fuß­ball von heute mit seiner viel­fäl­tigen Betreuung anschauen, gibt es den­noch etwas, von dem Sie sagen: Das hätte mir als Spieler richtig wei­ter­ge­holfen?
Ich habe wenige schwere Ver­let­zungen gehabt, also haben mir keine schlechten Ärzte oder nicht aus­rei­chend aus­ge­bil­dete Phy­sio­the­ra­peuten in meiner Kar­riere ein Bein gestellt. Aber wenn es ein Angebot gegeben hätte, auf psy­cho­lo­gi­scher Ebene die Per­sön­lich­keit wei­ter­zu­ent­wi­ckeln, das hätte ich als Spieler sicher in Anspruch genommen. Heute tue ich das und es hilft mir.

Sie lassen sich coa­chen?
Ja, denn es ist ein­fach wichtig, sich und seine Arbeit zu reflek­tieren. Mit Werner Zöch­ling, den ich von Aus­tria Wien mit­ge­bracht habe und der mit den Spie­lern arbeitet, spreche ich viel dar­über.

Zöch­ling ist nicht, wie man meinen könnte, Sport­psy­cho­loge, son­dern ein Sozio­loge, der sich selbst Team­entwickler“ nennt. Was gefällt Ihnen an dessen Arbeits­weise?
Die Zusam­men­ar­beit in Wien hat mir gezeigt, dass er die Dinge durch lang­fris­tiges Begleiten ent­wi­ckeln kann. Damit meine ich vor allem die Grup­pen­dy­namik in der Mann­schaft oder wie ich mich selbst ver­halte. Werner hat zwar einen Ein­blick, aber ist zugleich nicht ganz so nah dran. Er bietet eine Auf­be­rei­tung des jewei­ligen Cha­rak­ters an, ohne die Cha­rak­tere an sich grund­le­gend zu ver­än­dern. Er hat Hin­weise und Rat­schläge zur Wei­ter­ent­wick­lung sowohl der indi­vi­du­ellen Stärken als auch der Bear­bei­tung von Schwä­chen im Pro­gramm.

Wie lange lassen Sie sich schon auf diese Weise von außen anschauen?
Seit ich 2005 erst­mals in eine ver­ant­wort­liche Posi­tion ein­ge­stiegen bin. Mit den vier Per­sonen, mit denen ich im Laufe der Zeit zusam­men­ge­ar­beitet habe, stehe ich – mal mehr, mal weniger – weiter in Kon­takt.

Welche Aspekte der Trai­ner­ar­beit sind Ihnen im Laufe dieser Jahre als beson­ders wichtig klar­ge­worden?
Als ich noch gespielt habe, war das Wort des Trai­ners zumeist noch Gesetz. Heute hin­gegen kann alles, was man erzählt, im Internet nach­ge­prüft werden. Wenn man zwei Mal etwas sagt, das nach­weis­lich nicht stimmt, ver­liert man als Trainer seine Glaub­wür­dig­keit. Die ist aber wichtig, denn für einen Trainer ist der Umgang mit Men­schen ganz wesent­lich. Über­haupt glaube ich, dass im Bereich der Team­füh­rung im Fuß­ball noch sehr viel Luft nach oben ist. Das wird immer wich­tiger werden.

Sie spre­chen oft davon, dass Sie Ihre Spieler besser machen wollen. Ist das bei gestan­denen Bun­des­li­ga­profis über­haupt mög­lich?
Gra­vie­rende fuß­bal­le­ri­sche Mängel abzu­stellen, ist relativ schwierig. Aber wenn einer seinen Mit­spieler nicht absi­chern kann, hat er wahr­schein­lich sowieso nicht das Format für die Bun­des­liga. Auch kör­per­liche Schnel­lig­keit oder Hand­lungs­schnel­lig­keit sind schwer anzu­trai­nieren. Des­halb muss man über Trai­nings­reize dafür sorgen, dass die Spieler viele Lösungs­mög­lich­keiten bekommen. Das geht über Spiel­formen, über Infor­ma­tionen und Visua­li­sie­rung. Wenn ein Spieler etwa nicht so hand­lungs­schnell ist, dann muss man ihm ermög­li­chen, dass er im Ball­be­sitz für sich so schnell wie mög­lich meh­rere Lösungen findet. Für mich ist es die urei­genste Auf­gabe eines Fuß­ball­leh­rers, dass er, wie der Name schon sagt, den Spie­lern etwas bei­bringt und dadurch bei jedem Ein­zelnen so viel raus­holt wie mög­lich. Und dazu muss man sich mit dem Men­schen beschäf­tigen.

Sind Sie mit der Ent­wick­lung der Spieler beim 1. FC Köln zufrieden?
Ja, etliche Jungs sind besser geworden und andere haben ihre Leis­tung bestä­tigt. Es gibt auch Spieler, die mög­li­cher­weise schlechter geworden sind, weil sie viel­leicht nicht ganz in die Spiel­idee rein­ge­passt haben. Sie haben wenig Ein­sätze bekommen und daher zum Teil schon den Verein ver­lassen. Aber ins­ge­samt gefällt mir, wie die Spieler auf­treten. Wie sie Spiele ana­ly­sieren oder auch, wie sie vor der Kamera agieren. Mir ist es wichtig, dass uns allen klar ist, dass wir bei einem tollen Verein ange­stellt sind und ihn ent­spre­chend nach außen zu reprä­sen­tieren haben. Per­ma­nente Eska­paden auf und abseits des Platzes soll es nicht geben.

Obwohl Sie angeb­lich nicht so streng sein sollen.
Ich kann doch nicht einer­seits im Trai­ning und im Spiel ver­langen, dass die Spieler eigen­ver­ant­wort­lich Ent­schei­dungen treffen, und für den Rest ihres Lebens soll das dann nicht gelten. Junge Men­schen müssen unter die Leute kommen. Von mir aus können sie auch mal aus­gehen und feiern. Das ist wichtig, um nicht zu ver­gessen, wie pri­vi­le­giert man als Profi im Ver­gleich zu anderen Leuten ist, die viel Stress haben und deut­lich weniger ver­dienen. Letzt­lich geht es doch darum, dass die Spieler lernen, wie sie sich im Leben zu ver­halten haben. Damit geht meine Mann­schaft bisher sehr ver­ant­wor­tungs­voll um.

Mögen Sie eigent­lich Spieler beson­ders, die eine ähn­liche Geschichte haben wie Sie selbst?
Wel­chen Teil meiner Bio­grafie meinen Sie denn?