Indien soll vom Cricket- zum Fußballland werden. Ein schwerer Auftrag für die neue Profiliga und Manuel Friedrich. Nach dem Start spricht der Ex-Nationalspieler über sein asiatisches Abenteuer, Staus in Mumbai und eine ärgerliche Pleite.
Vor dem Spiel kommt die Show. Und so boten die Veranstalter der neu geschaffenen indischen Super League am vergangenen Sonntag zu ihrem Eröffnungsspiel Bollywoodschauspieler, Popstars und Pyrotechnik auf. Einige der 70.000 Zuschauer, heißt es, seien eigens für das Spektakel gekommen und hätten das Stadion direkt wieder verlassen. Sie verpassten ein unterhaltsames Spiel. Manuel Friedrich führte den Mumbai City FC als Abwehrchef und Kapitän bei Atletico de Kolkata aufs Feld. Aber auch der neunfache deutsche Nationalspieler konnte die Auftaktpleite nicht verhindern. Im Videogespräch wirkt der 35-Jährige mit sich und der Welt im Reinen. Auch wenn sich für ihn in Asien noch nicht alle Wünsche erfüllt haben.
Manuel Friedrich, Ihr erstes Spiel ging mit 0:3 verloren. Ärgert Sie das genauso wie eine Niederlage in der Bundesliga?
Das ist in Indien nicht anders als sonst wo. Direkt nach dem Spiel hätte ich jemandem den Arm abbeißen können vor Ärger. Mir ist ganz egal, in welcher Liga ich spiele, ich hasse es zu verlieren.
Die internationale Presse lobte das spielerische Niveau der Partie. Ihr Fazit?
Das lässt sich sehr schwer einschätzen. Einfach weil es klimatisch komplett andere Bedingungen sind. Ich will mich nicht festlegen, ob das hier nun im Vergleich zu Deutschland Zweit- oder Drittliga-Niveau ist. DieTemperaturen und die Luftfeuchtigkeit sind so hoch, da ist ein seriöser Vergleich nicht möglich. Dazu haben wir noch auf Kunstrasen gespielt. Der war knüppelhart, schwer und sehr, sehr schnell – ganz anders als die Kunstrasenplätze in Deutschland.
Die einheimischen Experten waren sich im Vorfeld einig, dass Ihr Verein einer der Topfavoriten auf den Titel sei. Überrascht über die doch deutliche Auftaktniederlage?
Ja, ein wenig. Es fehlten mit Freddie Ljungberg und Nicolas Anelka zwar unsere Starspieler. Dass wir uns in der ersten Halbzeit allerdings überhaupt keine Torchancen erspielt haben, damit hätte ich nicht gerechnet.
Die Mannschaften sind für die Liganeugründung komplett neu zusammengestellt worden. Konnte man den Gegner im Vorfeld überhaupt irgendwie einschätzen?
Das war für mich in der Tat auch eine ganz neue Erfahrung – ins Spiel zu gehen und keine Ahnung davon zu haben, was auf mich zukommt. Keine Ahnung zu haben von den Stärken des Gegners, der Taktik oder den Gegenspielern an sich. Das war die klassische Wundertüte.
Eine Wundertüte waren sicher auch die aus den USA eingeflogenen Schiedsrichter?
Ja. Super. (Schweigt)
Keine gute Leistung der Unparteiischen?
Da darf ich nichts zu sagen.
Wie zufrieden waren Sie denn mit Ihren indischen Mitspielern?
Die sind alle talentiert und haben einiges Potential. Aber viele von ihnen waren sicherlich auch aufgeregt, vor solch einer Kulisse zu spielen. Es waren 70.000 Zuschauer im Stadion. Vor so vielen Menschen haben sie noch nie gespielt. Und dann waren sie, sobald sie den Ball hatten, hin und wieder etwas zu nervös.
Wie empfanden Sie die Unterstützung durch die Zuschauer?
Man merkt schon, dass Indien nicht das typische Fußball-Land ist. Die Stimmung während des Spiels war gut, auch wenn die absolute Begeisterung noch etwas gefehlt hat. Dafür ist Fußball einfach noch nicht genug in den Köpfen und Herzen der Inder verankert. Das hatte ich auch schon in der Vorbereitung gemerkt.
Woran?
Zu mancher Trainingseinheit bin ich gelaufen, mitten durch Mumbai, einen aktuellen indischen Nationalspieler im Schlepptau. Da hat sich keiner umgedreht. Das wäre in Deutschland nur schwer vorstellbar. Und genau deswegen gibt es nun diese Liga. Die internationalen Topstars, die verpflichtet wurden, ob Alessandro Del Pierro, David Trezeguet oder Robert Pires, kennen auch in Indien viele. Durch sie sollen die Zuschauer in die Stadien kommen. Und dann hängt es davon ab, ob wir es schaffen, attraktiven Fußball zu bieten und ob die Zuschauer das anerkennen.