Von Heatmap bis Laufleistung: Moderne Grafiken und Statistiken bestimmen die TV-Übertragungen. Der Zuschauer bekommt Informationen, die kein Mensch braucht.
Borussia Dortmund siegte auf Schalke mit 17:11, mit 9:3 und sogar mit 22:10. Allerdings konnte sich auch Jürgen Klopp über den prestigeträchtigen Derbysieg der Torschüsse, Ecken und Flanken nicht richtig freuen. „Die entscheidende Statistik haben wir aber verloren“, sagte er. Es mag da draußen Fußballinteressierte geben, die annehmen, dass Klopp damit die Anzahl der Tore meinte. Wer aber oft genug Livefußball im TV sieht, hat da so seine Zweifel. Bei den Übertragungen geht es mittlerweile um alles, nur nicht um Belanglosigkeiten wie Tore.
Seit einiger Zeit werden den Zuschauern während des Spiels als sogenannte „Heatmaps“ getarnte Ultraschallbilder aus dem nahegelegenen Krankenhaus vorgeführt. Taktikfüchse sind beeindruckt ob der neuen Form des dortigen Gegenpressings. Deprimierte Hochschulabbrecher mit Hang zum abstrakten Expressionismus tauchen die Grafiken in einen gelb-grünen (meist auch roten) Ton, um beim Betrachter die Wohlfühl-Erfahrung Bundesliga zu verstärken.
Große Pfeile von links nach rechts
Doch der Service endet nicht an dieser Stelle, denn ungefähr nach 20 Minuten zeigt die exklusive Grafik ganz deutlich, wie überdimensionale Pfeile von links nach rechts über das Spielfeld wandern. Mittels dieser hochsensiblen Technik kann der Zuschauer feststellen, in welche Richtung seine Lieblingsmannschaft spielt. Erste Erhebungen haben aufgeklärt, dass beispielsweise der FC Bayern unter Pep Guardiola nach der Halbzeitpause in genau die entgegengesetzte Richtung angreift. Was wirklich hinter dem Plan des Genies aus Barcelona steckt, nach 45 Minuten aufs andere Tor zu spielen, ist noch nicht hinreichend eruiert. Wissenschaftler der Uni Marburg fanden zudem heraus, dass alle Tore in der Anfangsviertelstunde von Bayer Leverkusen zwischen der ersten und 15. Minute fielen.
Werder Bremen war am Samstag gegen Wolfsburg bei den Angriffen zu zehn Prozent in der Mitte der gegnerischen Hälfte, also Franco di Santo plus das linke Wadenbeinköpfchen von Nils Petersen. Viele Zuschauer vermissen allerdings zusätzlich zu den Pfeilen die Ausführungen von Sven Plöger, der die von Südwesten in den Strafraum hereinbrechende Wolkendichte mit Tief Emma erklären könnte.
In ehemals als „Bauchbinden“ deklarierten Einblendungen erfährt der sky-Abonnent Näheres zu den Vorlieben der interviewten Spieler. Niko Bungert beispielsweise, dieser Mainzer Teufelskerl, hat nicht mehr nur einfach Ballkontakte, sondern gleich Ballaktionen. Und er läuft mehr als zehn Kilometer über den Rasen – eine Distanz, die Bayerns Rafinha schon für Reklamationen beim Schiedsrichter in den ersten 30 Minuten des Spiels aufbringt.