Der MSV Duisburg bekommt keine Lizenz für die Zweite Liga. Eine Nachricht wie ein Schlag ins Gesicht. Am Mittwochabend protestierten deswegen mehrere hundert Anhänger am Stadion. Nun meldet sich Klub-Legende Bernard Dietz zu Wort. In einem offenen Brief an die Fans.
Die Fans waren wütend. Am Mittwochabend zogen sie zum MSV-Stadion und hielten Plakate in ihren Händen. Ihre Botschaften waren klar. „Fickt euch!“ stand auf einem Banner. Auf einem anderen: „Durch Kentsch und Hellmichs Stadionbau stirbt der MSV“.
Roland Kentsch ist Geschäftsführer des Klubs, Walter Hellmich ehemaliger Präsident. Noch vor wenigen Tagen wies dieser jede Schuld am finanziellen Niedergang von sich: „Ich kann nicht länger akzeptieren, dass der Verein von gewissen Leuten hingerichtet wird.“
Ein Klub am Abgrund
Wer auch immer der Schuldige des ganzen Schlamassels ist, fest steht momentan nur eines: Der Traditionsklub befindet sich am Abgrund – und unten wartet die Regionalliga.
Öffentlich wurde das alles erst am Mittwoch um 18:14 Uhr, als folgende DFL-Meldung einging:
„Der Lizenzierungsausschuss des Ligaverbandes hat im Rahmen der Prüfung der Bedingungserfüllung einstimmig entschieden, dass der MSV Duisburg den Nachweis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit für die Saison 2013/14 zum Stichtag 23. Mai 2013, 15.30 Uhr, nicht erbracht hat. Daher kann dem Klub keine Lizenz für die 2. Bundesliga erteilt werden. Diese Entscheidung ist verbandsintern endgültig.“
Konkret ging es lange um ein Finanzloch von zwei Millionen Euro, von dem der MSV jüngst noch glaubte, es geschlossen zu haben. Tatsächlich sollen immer noch über 360.000 Euro in der Bilanz fehlen.
Dabei sah Anfang der vergangenen Woche noch alles gut aus. Die Duisburger hatten gerade mit Ach und Krach den sportlichen Abstieg vermieden – und sie hatten geglaubt, der Klub könne die nötigen finanziellen Mittel aufweisen, um die Lizenz zu erhalten.
Dann kam die Meldung der DFL – und mit ihr der Protest.
Zunächst blieb dabei alles ruhig. Dann fiel ein Fahnenmast der Firma Hellmich, ein Böller explodierte und die Sprechchöre „Walter Hellmich, du Sohn einer Hure“ erklangen. Danach brannten bengalische Feuer und die Hellmich-Flagge musste endgültig dran glauben. Dazu drapierten die Fans weiß-blaue Kerzen in Form eines Kreuzes auf dem Asphalt. Einige Anhänger stürmten das Stadion.
Wie fühlt sich Bernard Dietz?
Wie fühlt sich einer, der beinahe 400 Bundesligaspiele für den Klub bestritten hat, wegen dem der MSV Duisburg in den achtziger Jahren als „MSV Dietzburg“ firmierte, nach dem das Maskottchen „Ennatz“ benannt wurde? Wie fühlt sich Bernard Dietz?
Von dem Lizenzentzug soll er am Mittwochabend unter der Dusche erfahren habe. Seine Frau wollte mit ihm essen gehen, sie hatte Geburtstag – doch dann kam der Anruf. Der WAZ sagte Dietz am Donnerstagmorgen: „So eine Situation hatten wir noch nie. Das ist eine Katastrophe. Ich kann es nicht verstehen, es war doch mit dem Geld alles geregelt“
Nun hat er sich mit einem offenen Brief zu Wort gemeldet:
Liebe MSV-Fans,
die Entscheidung der Liga hat mich, hat uns alle gestern schockiert, und schockiert haben auch die Bilder vom Mittwochabend an der Arena.
Verdammt noch mal, zeigt doch jetzt nicht, was ihr nicht wollt, zeigt jetzt, was wir wollen! Wo sind die unglaublichen 20 Minuten von Berlin? Diese vielen Momente in unseren 111 Jahren, in denen wir für Begeisterung gesorgt haben?
Steht jetzt auf für unseren MSV, nutzt die Chance, die wir noch haben, für die wir gemeinsam alles geben wollen! Hängt eure Fahnen aus den Fenstern, hängt eure MSV-Schals aus den Autos!
Zeigt euch und uns, zeigt der Liga und der Stadt und ganz Fußball-Deutschland, dass unser MSV im Profifußball bleiben muss! Wir Zebras geben nicht auf!!!!
Zeigt Streifen! Jetzt!
Euer Ennatz
Neuanfang Vierte Liga
Doch wird es etwas nützen? Eine Rettung könnte nur der Gang vor das Ständige Schiedsgericht bringen, wo dann Formfehler zugunsten des MSV belegt werden müssten. Ist das wahrscheinlich?
Wahrscheinlicher ist, dass der MSV in der kommenden Saison in der Vierten Liga spielt. Dort warten dann Mannschaften wie Alemannia Aachen, Rot-Weiss Essen, Rot-Weiß Oberhausen, Fortuna Köln und der KFC Uerdingen. Klingt nach heruntergelassenen Stutzen und Oberlippenbärten. Klingt nach Achtziger-Jahre-Bundesliga-Fußball.