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Peter Bonde, Chris­tian Eriksen ist aus der Startelf von Dort­mund-Gegner Ajax Ams­terdam nicht mehr weg­zu­denken. Was sind seine größten Stärken?
Chris­tian ist tak­tisch enorm begabt und auf beiden Füßen gleich stark. So ein Talent sieht man selten. Er kann sich flink und schnell über kleine Flä­chen bewegen und dank seiner krea­tiven Spiel­über­sicht kann man ihn auf allen offen­siven Posi­tionen ein­setzen. Auch in der ersten Angriffs­linie gelingt es ihm, noch Chancen vor­zu­breiten.

Worin ist er unschlagbar?
In seiner Aus­dauer, der Junge ist lauf­stark wie kein anderer. Ich habe gehört, dass er in der ersten Cham­pions-League-Runde von allen Spie­lern in allen Par­tien am meisten gerannt sein soll.

Was trai­niert man mit einem Spieler, der so jung schon eine solche Qua­lität auf­weist?
Manchmal rennt er zu viel. Als dritter Angreifer sollte er das Spiel länger beob­achten, um seine Stärken gezielter ein­zu­setzen. Chris­tian muss sich mehr auf die kom­plexen Spiel­züge kon­zen­trieren. Das klingt viel­leicht etwas merk­würdig aus dem Munde eines Trai­ners, aber manchmal zeigt er zu ein­fache Kom­bi­na­tionen.

Heute spielt Eriksen mit Ajax gegen Dort­mund in der Cham­pions League. Worauf müssen die Dort­munder bei ihm beson­ders Acht geben? 
Sie müssen ihn immer im Blick­feld haben, denn sie können nie wissen, wo er am Ende stehen wird, da er sich über­durch­schnitt­lich viel bewegt. Also muss der BVB die Räume mög­lichst eng machen. Im ersten Spiel waren die Dort­munder viel zu bescheiden, das können sie besser.

Wie wird das Spiel aus­gehen?
Ich denke Ajax hat eine 25-pro­zen­tige Chance, etwas aus dem Spiel mit­zu­nehmen. Natür­lich hoffe ich auf Ajax wegen den vielen Dänen, aller­dings wird es sehr schwer für sie. Ich fürchte, Dort­mund geht als Sieger vom Platz.

Wie viele der 25 Pro­zent sind Eriksen?
(lacht) Da müssen wir wohl in die Ronaldo-Messi-Liga gehen, wenn ein Spieler eine Partie alleine ent­scheiden kann. So weit ist Chris­tian noch lange nicht.

Erik­sens Auf­stieg in Däne­mark ist ver­gleichbar mit Götzes in Deutsch­land. Worin unter­scheiden sich die beiden?
Chris­tian bewegt sich auf dem ganzen Feld, wäh­rend Götze sich nach vorne auf die Angriffs­aus­lö­sung kon­zen­triert. Er ver­steht es, seine Mit­spieler in Szene zu setzen. Chris­tian ist von den beiden aller­dings der grö­ßere Team­player. Beide könnten sich vom anderen etwas abschauen.

Gab es je Rück­schläge für Eriksen?
Nach seiner Teil­nahme an der WM in Süd­afrika hatte er eine harte Zeit. Es gab viele nega­tive Reak­tionen nach dem Aus­scheiden, der Erwar­tungs­druck der Fans war ein­fach zu groß für einen so jungen Spieler. Theo Wal­cott erlebte das­selbe nach seinem Debüt in der eng­li­schen Natio­nal­mann­schaft als er erst 17 war. Für junge Spieler ist es ein Ding der Unmög­lich­keit, diese Erwar­tungen zu befrie­digen. Aber Chris­tian nimmt es gelassen und ist wieder auf dem rich­tigen Weg, was in den Cham­pions-League-Par­tien gegen Man­chester City (3:1 und 2:2) gut zu sehen war.

Mit 16 Jahren bekam Eriksen bereits Ange­bote von Bar­ce­lona und Chelsea, ent­schied sich aber für Ajax. Wer hat ihn beein­flusst?
In Däne­mark haben wir eine Tra­di­tion: die guten Spieler gehen zu Ajax. Es hatten einige Leute ihre Hände im Spiel, aber Chris­tian ist durchaus selbst clever genug. Er ging zu dem Klub, wo seine Chancen, für die erste Mann­schaft zu spielen, am besten standen. Zur­zeit stehen sechs däni­sche Spieler bei Ajax unter Ver­trag. Das spricht für unsere Tra­di­tion.

Man hat Eriksen schon mit Ajax-Co-Trainer Dennis Berg­kamp ver­gli­chen. Wel­chen Ver­gleich halten Sie für ange­bracht?
Er ist defi­nitiv kein Pirlo, manchmal sieht er aber aus wie Wesley Sneijder, weil auch er beid­füssig und klein ist. Aber Chris­tian rennt mehr und greift schneller an. Doch Sneijder hat den bes­seren Blick für das Pass­spiel und auch eine höhere Vor­la­gen­quote als Chris­tian. Eigent­lich gibt es ihn kein zweites Mal, er ist ein Unikat.

Wo sehen Sie ihn in fünf Jahren?
Wenn er sich so wei­ter­ent­wi­ckelt, gibt es kein Team auf der Welt, in dem er nicht spielen könnte. Ich bin aller­dings nicht sicher, welche Rolle er inne­haben wird.

Welche Rolle würden Sie ihm bei Ajax zuschreiben?
Bei uns über­nahm er schon meh­rere Posi­tionen, aber meis­tens ist er die Nummer Zehn. Ajax setzt ihn in der Cham­pions League meis­tens als Neuner ein, aber ich denke er muss als Nummer Acht auf den Flü­geln oder als Zehner geför­dert werden.

Wie würden Sie seinen Cha­rakter beschreiben?
Er ist ein beschei­dener junger Mann. Er ist mit sehr wenig zufrieden, ihm reicht es auf dem Feld zu sein und nach den nor­malen Trai­nings­ein­heiten Frei­stöße zu üben. Kein Wunder, dass er so stark ist, wenn er sich stun­den­lang so fas­zi­niert mit dem Ball beschäf­tigt! Er liebt dieses runde kleine Ding.

Hatten Sie schon Mühe, ihn vom Ball zu trennen?
Einmal rannte er nach dem Trai­ning noch lange auf dem Feld umher, obwohl seine Mann­schafts­kol­legen schon in der Kabine waren. Dann musste ich ihm zurufen: Komm end­lich Chris­tian, der Boss geht in zwei Sekunden. Wenn du noch einmal aufs Tor schießt, gibt’s eine Geld­strafe!“

Sein Talent wurde in der Jugend von Ajax gepflegt, wo schon begabte Tech­niker wie Berg­kamp her­vor­ge­gangen sind. Kennen Sie deren Geheimnis“?
Sie haben eine klare Phi­lo­so­phie. Am besten ist das am Trai­ning der kleinen Kinder bei Ajax zu beob­achten: Der Ball steht immer im Vor­der­grund. Das Ziel ist es, den Ball so oft wie mög­lich zu berühren. Wenn sie alt genug sind, kon­zen­trieren sie sich auf ihr tak­ti­sches Spiel.

Was denken Sie über die Nach­wuchs­ar­beit von Deutsch­land?
Die Deut­schen hatten zum Bei­spiel zu Sammer-Zeiten klare Leit­sätze für die Jugend des Natio­nal­teams. Und Joa­chim Löw hat eine gute Ein­stel­lung: Wir wollen nicht mehr reagieren, son­dern agieren“. Das sieht man an so phan­tas­ti­schen Spie­lern wie Marco Reus, Mario Götze, Mesut Özil und Sami Khe­dira. Sehr zum Leid von Däne­mark ent­wi­ckelt sich der deut­sche Fuß­ball rasant, zudem habt ihr eine große Aus­wahl an Spie­lern. Wir werden es in den nächsten Jahren schwer haben, wenn wir nicht mehr Chris­tian Erik­sens pro­du­zieren“.

Und wie bekommt man mehr Spieler seines For­mats?
Wir sind auf einem guten Weg: Erst im letzten Län­der­spiel hat einer unserer U‑19-Spieler seine ersten zehn Minuten für die erste Mann­schaft gespielt. Den Über­gang von der U‑19 zum Natio­nal­team nennt Morten Olsen die rote Linie“, das ist ein wich­tiger Schritt.

Kennen Sie Erik­sens Zukunfts­am­bi­tionen?
Ich bin nicht so begeis­tert von Spie­lern, die nach zwei Par­tien für einen Klub bereits von Real und Liver­pool schwärmen. Ich bin froh, dass Chris­tian zufrieden ist, für Ajax zu spielen. Diese Boden­stän­dig­keit gehört zu seinen Qua­li­täten.

Er wurde in Däne­mark und den Nie­der­landen schon mehr­fach aus­ge­zeichnet: Däni­scher U‑17-Spieler des Jahres, Nie­der­län­di­sches Talent des Jahres, Bron­zener Schuh in der Ere­di­visie und Däni­scher Spieler des Jahres. Wel­cher Preis würden Sie ihm geben?
Natür­lich ist er noch nicht soweit wie Allan Simonsen in den Sieb­zi­gern, aber mit 19 Jahren schon bester däni­scher Spieler zu sein, ist eine Leis­tung. Wenn er es sieben Jahre hin­ter­ein­ander bleibt, könnte er der Zlatan Ibra­hi­movic Däne­marks werden.

Peter Bonde spielte in seiner Kar­riere 400 Par­tien in der obersten däni­schen Liga. Schon 20 Jahre lang arbeitet der 54-Jäh­rige als Trainer und war fünf Jahre lang tech­ni­scher Leiter des däni­schen Fuß­ball­ver­bandes. Seit sieben Jahren ist er Co-Trainer der däni­schen Natio­nal­mann­schaft unter Morten Olsen.