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TOR

Prze­myslaw Tyton
Es gab sicher­lich bes­sere und wich­ti­gere Keeper bei dieser Euro. Gian­luigi Buffon para­dete sich durch seinen vierten Früh­ling, Iker Cas­illas wurde zur Legende, Manuel Neuer machte den Libero – und doch sorgte ein Nobody aus Zamość für den großen Tor­wart­mo­ment. 1:1 stand es zwi­schen Polen und Grie­chen­land im Eröff­nungs­spiel, als Wojciech Szc­zęsny hek­tisch dem her­an­stür­menden Sal­pi­gidis sein Knie in den Weg stellte. Rote Karte, Elf­meter und trä­nen­nasse Panik im War­schauer Rund. Prze­myslaw Tyton zwängte sich in seine Hand­schuhe, blickte einmal gen Himmel – und hielt den Schuss von Kara­gounis, und damit die Polen auf Raten im Tur­nier. Zwar sollte der Gast­geber zwei Spiele später die Segel strei­chen, aber der in den Kata­komben am LCD-Schirm jubelnde Szc­zęsny prägte sich ein. Und Tyton wurde in der Wort­spiel­hölle des Bou­le­vard zum Tytan.

ABWEHR

Theodor Gebre Selassie
Nicht ver­wandt oder ver­schwä­gert mit dem Road­runner aus Äthio­pien, raste Theodor Gebre Selassie trotzdem über die rechte Seite, als wolle er nach olym­pi­schem Gold greifen. Der erste dun­kel­häu­tige Natio­nal­spieler Tsche­chiens war die fuß­bal­le­ri­sche Ent­de­ckung in der ansonsten spröden Bilek-Elf. Machte den Deal mit Werder Bremen recht­zeitig fix, bevor ihm Nani im Vier­tel­fi­nale Knoten in die Beine drib­beln konnte. Die Bun­des­liga darf sich auf ein spek­ta­ku­läres Lauf­wunder freuen.

Bruno Alves
So sehen Sieger aus, bzw. Abwehr­kanten. Der Por­tu­giese Bruno Alves hätte auch auf seine Stirn ein großes Don´t fuck with Bruno“ ein­tä­to­wieren lassen können, man hätte ihm das durchaus abge­nommen. Kein anderer Ver­tei­diger bei dieser EM wirkte so furcht­ein­flö­ßend und spielte zugleich so kon­stant wie der bul­lige Mann mit dem schwarzen Haar. Einen wie Alves hätte man gerne bei der nächsten Knei­pen­schlä­gerei dabei – oder eben in seiner Mann­schaft. Im Halb­fi­nale gegen Spa­nien wurde Alves – der zuvor her­vor­ra­gend gegen den Welt­meister ver­tei­digt hatte – zur tra­gi­schen Figur. Beim Elf­me­ter­schießen schnappte er sich gedan­ken­ver­loren den Ball und wollte zur Tat schreiten, da grätschte ihn Kol­lege Nani ab – Alves hatte sich in der Rei­hen­folge geirrt. Die Kon­zen­tra­tion war dahin. Nani traf, Alves zim­merte seinen Schuss gegen die Latte. Und Por­tugal schied aus.

Daniele De Rossi
Kerle wie Daniele De Rossi wurden früher als Männer von echtem Schrot und Korn“ bezeichnet, oder, um es mit den Worten eines Mit­glieds der 11FREUNDE-Chef­re­dak­tion zu sagen: Solche Typen werden heute gar nicht mehr gebaut.“ Neben all den freund­li­chen Piques und Hum­mels´ dieser Welt wirkt der Ita­liener wie aus der Zeit gefallen, sein Drei­ta­ge­bart gab dem Defen­siv­spe­zia­listen bei dieser EM noch den nötigen James-Bond-Böse­wicht-Kick. Erst im Finale gegen Spa­nien wurden auch De Rossi die Grenzen seines Kön­nens auf­ge­zeigt, zwar bemühte er sich mit einer frühen Grät­sche gegen Xavi ein Zei­chen zu setzen“ (ZDF-Experte Oliver Kahn in der Halb­zeit­pause), weil aber Xavi anschlie­ßend nur noch besser spielte, stand auch De Rossi am Ende als Ver­lierer da. In unsere Herzen hat er sich den­noch gerau­b­eint.

Jordi Alba
Eines haben wir bei 11FREUNDE gelernt: Wider­spreche nie den Helden dieses Sports. Also sprach Johan Cruyff, Hol­länder, Held, König: Jordi Alba ist für mich die Ent­de­ckung des Tur­niers!“ Finden wir auch. Vorher war der pfeil­schnelle Links­ver­tei­diger nur Ken­nern der spa­ni­schen Liga ein Begriff, jetzt weiß man, dass es offenbar nur sehr wenige Fuß­baller gibt, die auf dieser Posi­tion in den kom­menden Jahren besser spielen werden. Für 14 Mil­lionen Euro wech­selt der Final­tor­schütze (zum 2:0) nun vom FC Valencia zum FC Bar­ce­lona, dem Verein, bei dem er einst in der Jugend aus­ge­bildet und dann, angeb­lich wegen man­gelnder Kör­per­größe, weg­ge­schickt wurde. Damit ist beim FC Bar­ce­lona auch die letzte Mini-Schwach­stelle mit einem fan­tas­ti­schen Fuß­baller abge­deckt. Europa sollte schon mal das fürchten lernen.

MIT­TEL­FELD

Sami Khe­dira
Ach, Sami. Ach, Lena. Ach, Scheiße. Weil Kol­lege Bas­tian Schwein­steiger seinen min­der­be­gabten Zwil­lings­brüder zum Tur­nier ent­sendet hatte, musste der Madri­lene die defen­siven Mit­tel­feld­lasten alleine stemmen. Das klappte bis zum Halb­fi­nale her­vor­ra­gend. Von José Mour­inho in der letzten Saison zum Boss geschult, rann­te­acker­te­tob­tegrätsch­te­vol­leyte Khe­dira wie ein Widl­pferd durch das deut­sche Zen­trum. Sein Treffer gegen Grie­chen­land zählte zu den schönsten der Euro, sein Jubel auch, seine Freundin sowieso. Kom­bi­nierte Frings­’­sche Kämp­fer­qua­li­täten mit den spie­le­ri­schen Fein­heiten eines Uwe Bein. Der modernste Sechser. Ach, Sami.

Andrea Pirlo
Ja, auch 11FREUNDE hat Andrea Pirlo wäh­rend dieser EM häufig und gerne abge­feiert, zu cool waren seine Auf­tritte in der Vor­runde, zu sehr ver­schlug es einem die Sprache, als er im Vier­tel­fi­nale gegen Eng­land seinen Elf­meter ein­fach ins Tor lupfte, scheinbar unver­wundbar gegen jede Form der mög­li­chen Bla­mage. Und so schlich sich der Welt­meister von 2006 durch dieses Tur­nier und in unsere Herzen, ein lang­mäh­niger Spie­ler­ma­cher alter Schule mit dem Gesicht eines weisen Apa­chen-Häupt­lings. Übri­gens: Pirlo spielt bei Juventus Turin. Viel­leicht schauen wir in der neuen Saison auch mal wieder ita­lie­ni­schen Fuß­ball.

Andres Iniesta
Es ist nicht zu glauben, aber Andres Iniesta hat es schon wieder geschafft, sich selbst zu über­bieten. Seine Leis­tung im EM-Finale mit Welt­klasse“ abzu­kan­zeln wäre so, als wenn man Michael Jackson einen ganz pas­sa­blen Musiker nennen würde. Dieser blasse Junge mit dem lichten Haupt­haar war gegen Ita­lien Lenker und Denker, Herz, Hirn, Leber, Niere, Bauch­spei­chel­drüse. Alles. Jetzt ist Iniesta Cham­pions-League-Sieger, Welt­meister und zwei­fa­cher Euro­pa­meister. Macht den Mann end­lich zum Welt­fuß­baller, herr­schafts­zeiten nochmal!

Girogos Kara­gounis
Alter Mann ganz zart. Es wird eines der Bilder dieser EM bleiben: Wie Giorgos Kara­gounis, der schlitz­oh­rige grie­chi­sche Spie­ler­ma­cher, erst im ent­schei­denden Grup­pen­spiel gegen Russ­land das 1:0 erzielte und anschlie­ßend seine zweite gelbe Karte im Tur­nier­ver­lauf erhielt, Folge: Sperre für das Vier­tel­fi­nale gegen Deutsch­land und ein Gesicht voller Ver­zweif­lung und Ent­setzen, dass durchaus mit dem heu­lenden Paul Gas­coigne von 1990 in Ver­bin­dung gebracht werden darf. Kara­gounis´ Grie­chen­land war wenigs­tens ein Underdog, der die Großen in Europa ein wenig ärgern konnte. Danke dafür!

ANGRIFF

Samir Nasri
Robes­pierre hätte seine helle Freude an diesem Samir Nasri gehabt, ver­kör­pert der kleine Der­wisch doch die urre­vo­lu­tio­närsten (und damit urfran­zö­sischsten) Tugenden in Per­fek­tion: Quer­den­kend, loyal nur gegen­über der eigenen Ver­nunft, kri­tisch wider eta­blierte Auto­ri­täten, am kri­tischsten gegen­über den Mäch­tigen. Die Leid­tra­genden waren Lau­rent Blanc XIV., sein Ancien Régime und die Tur­nier­chancen der Équipe Tri­co­lore. Nasri radels­führte den Kabi­nen­streit, wurde dann aus­sor­tiert, um im Vier­tel­fi­nale erst nach dem Schluss­pfiff mit elo­quenten Tiraden gegen einen Jour­na­listen auf­zu­fallen. Der Ver­band über­legt, ihn zwei Jahre zu sperren. Und wir sagen: Revo­lu­tionen bre­chen eben nicht dann aus, wenn es den Leuten am schlech­testen geht, son­dern dann, wenn sie glauben, nur wenig trenne sie davon, dass es ihnen besser geht. Wie es Samir Nasri noch besser gehen könnte, wissen wir aber auch nicht.

Mario Balotelli
Hah­nen­kamm. Fall­rück­zieher. Pöbel­jubel. Deutsch­land. Tor­pe­do­kopf­ball. Tiger­schuss. Mus­keln, Sehen, Brust. Waden­krämpfe. Balo­talia. Euro­z­weiter. Kabi­nen­gang. Tränen. Ende. Mario Balotelli spulte in einem Tur­nier mehr Emo­tionen und Momente ab, als in einen Alma­nach passen. Dafür sagen wir ein­fach mal: Grazie!